Ein Leben voller überraschender Schrecken ähnlich einem Horror-Film musste Hans Kohlseisen ertragen, erfüllt von der Sehnsucht nach dem Kino, die sich nur sein Freund Eric Pleskow erfüllen konnte. Schade um die mögliche Filmkunst eines bilderreichen Jungen, der mit dreizehn Jahren vor den Nazis flüchten musste. Jemand sollte einen Film über sein Leben machen. Co-Regisseur: Hans Kohlseisen.
Foto: Margarete Affenzeller
Alte Freunde: Eric Pleskow (links) und Hans Kohlseisen
Statt unterschwellige Ängste auf eine herbeiphantasierte Islamisierung Europas zu projizieren, sollten die wahren ökonomischen und sozialen Gründe dieser Ängste thematisiert werden. In einer solchen aufklärerischen Rolle jedenfalls sehen Alberto Toscana und Jeff Kinkle die Hoch- wie Popkultur – und geben mit »Cartographies of the Absolute« zahlreiche Exempel.
Klaus Theweleit, der durch sein 1977 erschienene Dissertation »Männerphantasien« – einer psychoanalytischen Aufarbeitung des soldatischen Körpers der nationalsozialistischer Schergen – einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, analysiert in »Das Lachen der Täter« anhand zahlreicher Medienberichte, Interviews und Originaltexte die Psyche von Massenmördern, von Breivik über den Tutsi-Genozid in Ruanda bis hin zu den Selbstmordattentätern des IS.
Stuart Hall gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Cultural Studies. Der von Dagmar Brunow herausgegebene Reader »Stuart Hall. Aktivismus, Pop und Politik« würdigt die Arbeit des 2014 verstorbenen Intellektuellen und politischen Aktivisten in erneuerter Perspektive. Mit Beiträgen u. a. zu Migration, Feminismus und Pop.
»Für das Hören existiert auch, was es nicht versteht. Es hält das Ungeordnet-Sein aus«: Diese scheinbar simple Feststellung führt Jochen Bonz in seinem neuen Buch zu komplexen Ûberlegungen einer sonischen Ethnografie, die anhand klanglicher Phänomene sozial-kulturelle Situationen beschreibbar macht.
Der von Robert Jelinek gegründete Verlag DER KONTERFEI aus zwei Perspektiven: 1) Portrait zur Buchserie von Thomas Ballhausen, 2) Interview mit dem Verlagsgründer von Heinrich Deisl. Ein für skug online aus zwei Texten zusammengefasster Artikel aus skug #103, 7-9/2015.
Klaus Theweleit über die Universalität lachender Mörder, die im Namen eines höheren Prinzips handeln. Normalos in gepanzerten Männerkörpern sind zu allem fähig, wenn man sie lässt.
Test Dept zeichnen in »Total State Machine« nicht nur ihre Bandgeschichte auf. Dieses rund 400-seitige Oral-History-Kompendium dringt auch tief in die politischen Umbrüche und Counterculture-Agitationen von den frühen 1980er Jahren bis heute ein. Von den Südlondoner Docklands über den Bergarbeiterstreik 1984 bis zu nomadisierenden Techno- Beats und aktuellen Positionen. Eine Cut-up-Annäherung.
Dieser Text ist Teil 2 der zweiteiligen Serie zu Test Dept und ihrem Buch »Total State Machine«. Sophie Unterwegers Artikel »›A Lasting Presence‹« mit einem Abriss zur Band- geschichte als Teil 1 findet sich hier. Original in skug #103, 7-9/2015. Sämtliche Bilder aus dem Buch.
An Kraftwerk lässt sich exemplarisch beobachten, wie das konsequente Weitermachen unvermeidlich erst zu Kanonisierung, dann Institutionalisierung und letztendlich gar zu Musealisierung führt. Die Einstürzenden Neubauten haben diesen Prozess, der dabei vom Subkulturspektakel zum Hochkulturevent führte, längst schon und mit beeindruckender Schnelligkeit durchlaufen. Hier geht es nun um jene Band im Triumvirat der Bands im Pantheon der deutschen Gegenwartsmusik, die gerade dabei ist, ins Stadium offizieller Approbation einzutreten – die Ex- Hamburger Diskurs- und mittlerweile Berliner Hauptstadt- rocker-Burschen von Tocotronic.
Der kamerunische Postkolonialismus-Theoretiker Achille Mbembe entlarvt Kants Kritik als farbenblind, ortet die Ursprünge der Sklaverei im Kapitalismus. Sklaverei und Rassismus bedingen einander und sind wegen des grassierenden Neoliberalismus keineswegs im Rückzug.
Original erschienen in skug #102, 4-6/2015
»Ghosts of My Life« des englischen Kulturtheoretikers und Musikjournalisten Mark Fisher ist eines der meistdisku-tierten Bücher zurzeit. Seda Nigbolu hat es mit Ballard, Derridas »Hauntology« und Toffler quergelesen. Was ist heutzutage musikalisch innovativ, wenn Kraftwerk immer noch futuristisch klingen? Retro, Zukunftsschock, Geister-stimmen, digitale Depression, ent-erotisierte Kultur: Erwähnungen gegen das Dazugehören-sollen.
Bild: Crack Magazine
Nachahmung bzw. Beschäftigung mit den Klängen der Natur hat in der Musik eine gewisse Tradition. Gleich den ganzen Globus als Klangraum, die Meere inklusive, breitet der US-amerikanische Klangforscher Bernie Krause in seiner aktuellen Monografie »Das große Orchester der Tiere. Vom Ursprung der Musik in der Natur« vor uns aus.
Erschienen in skug #98/readable, Frühling 2014.
Das Jahr 2013 war für reflexive Anstöße zur heimischen Popkultur eines der produktivsten seit überhaupt, siehe die Bücher »Wienpop«, »Im Puls der Nacht« und nun »16 Zwanzixstl + 1« von Stefan Parnreiter-Mathys. Hier werden die Vorbedingungen und die zwanzigjährige Geschichte des Open Air Festivals im oberösterreichischen Ottensheim nahe Linz nachgezeichnet.
Vor Jahren schrieb ein Freund eine steirische Dorfkapelle an, die in den 1980ern versehentlich einen Welthit gelandet hatte und seither im Möbelhauseinweihungsgewerbe tätig ist. Er wollte ihren Hit bearbeiten. Das Management antwortete ihm, das könne nur gestattet werden, wenn es auch »an Schmäh« hätte »und a Mätschick!«. Zwischen diesen umnebelten Polen österreichischer Popkultur wandelt Austrofreds Roman »Hard on!«.
Fotos: Magdalena Blaszczuk
Der Berliner Konzertveranstalter Berthold Seliger schließt nach fünfundzwanzig Jahren seine Agentur. Warum er nicht mehr Teil des Musikbusiness sein will, erklärt er in seinem eben erschienen Buch.
Mark Z. Danielewskis »Only Revolutions« entführt den Leser in ein Road-Movie der anderen Art, wo er in einer ewigen Kette von Verweisen – inhaltlicher und typographischer Natur – der Geschichte der Teenager Sam und Hailey folgt, die von zwei Seiten beginnt, um sich dann in der Mitte zu treffen.
Mit »Der größere Teil der Welt« liefert die US-amerikanische Autorin und Pulitzerpreisträgerin Jennifer Egan einen vielschichtigen Episodenroman in dreizehn Stimmen.
Von einer »Pioniertat« schrieb Georg Seeßlen 1998 angesichts der Erstveröffentlichung von »Alte Frauen in schlechten Filmen«, und dem ist auch bei der Neuauflage nichts hinzuzufügen.
Réjean Ducharmes epochaler Roman »L’avalée des avalés«, eines der zentralen Werke der frankokanadischen Literatur, liegt endlich in deutscher ?bersetzung vor. Nicht zuletzt wegen seiner wenig zufälligen Erwähnung in Jean-Claude Lauzons Spielfilm »Léolo« auch hierzulande (zumindest dem Titel nach) bekannt, besteht nun die Möglichkeit, unvermittelt in die schräge Welt von Ducharmes Antiheldin Bérénice Einberg einzutauchen.
Michaela Konrad ist eine der wenigen Comic-Artistinnen Üsterreichs. Mit »Mondwandler« entführt sie zum zweiten Mal in das große weite All.
»Und es ging um Spaß haben und draufhauen, scheißegal und nicht so reflektieren und so PC sein.« Jochen Bonz, Juliane Rytz und Johannes Springer beleuchten die »Hamburger Schule« aus Sicht der Frauen.
Henning Marmulla auf den Spuren der deutschen Linken, Hans Magnus Enzensberger und seiner Zeitschrift »Kursbuch«.
Mit der wahren Geschichte eines Mannes, der seinen Vater getötet hat, sorgte Mathias Illigen für Aufregung und Verstörung, fand aber auch empathische Fürsprecher seiner gnadenlos offenen Selbstreflexion. »Ich oder Ich« – ein Buch, zwei Stimmen.
Ohnmacht und der Verzicht auf Selbstbestimmung charakterisieren die Stimmung in Jonas-Philipp Dallmanns Debütroman »Notschek«.
Kultautor Douglas Coupland verpackt in seinem neuesten Roman »Jpod« seine Gesellschaftskritik der Generation Google in eine wahnwitzige und formal aufwendige Story rund um sechs Computerprogrammierer.
Ausnahmekünstlerin und No-Wave-Legende Lydia Lunch versammelt in ihrer aktuellen Publikation unterschiedlichste Texte, die alle um die Fragen von Opfertum und Ûberleben kreisen. Gnadenlos ungeschönt, doch nicht ohne Witz überführt sie erneut das Traumatische in die Kunst.
33 Autoren über 33 deutschsprachige Popsongs, die ihnen besonders am Herzen liegen. Von Falco bis Ton Steine Scherben.
»Music Is My Boyfriend« versammelt 36 Texte und Zeichnungen des 2010 verstorbenen Musikjournalisten und »Elternhaus-Punk« Martin Büsser, Mitbegründer des Ventil-Verlags und Herausgeber des linken Popmagazins »Testcard«.
Begleitend zu seinem Dokumentarfilm »Whores‘ Glory« legt Michael Glawogger sein Triptychon der Prostitution auch in einem Aufsatzband vor.