»… Die Weisheit liegt in der Reduktion«. Ein verkürztes Zitat des für seine Dreiklangtonsätze Berühmten bringt die Schlichtheit in Pärts Schaffen auf den Punkt. Und gleich Eingangs wähnt sich der Este noch auf der Seite der Zeit, wenn er seinem plötzlich verstorbenen Freund, dem bereits in der Zeitlosigkeit befindlichen Regisseur Grigori Kromanov, das von statischem…
Willkommen im Electroclash-»Fightclub«! Jetzt geht es also der »Style, Sex, Glitter und Dekadenz«-Electroclash/Sleazetronica-Szene an den Kragen. Wobei nicht nur SoundtracklieferantInnen für Modenschauen ins Visier genommen werden. Nein! Da heißt es auch unerbitterlich »Schluss mit dem Non-Stop Electronic Cabaret«! Und die Alternative? I-f und Intergalactic Gary a.k.a. The Parallax Corporation sagen schlicht »Real Electro by Real…
Es passiert manchmal. Da gibt es diese Platten, die wirft man nach zwei Minuten Hörzuwendung mit zerbissenen Mundwinkeln und frisch darauf zerriebenen Kot an die Wand. Man wartet, ob sie dort auseinander bricht, vielleicht kleben bleibt, sieht sie langsam auf ihrem schleimigen Belag zum Zimmerboden gleiten, eine fette Schneckenspur hinter sich. Wie man in kindlicher…
Stellen Sie sich vor, sie brauchen noch drei Kilometer bis Lignano und stehen im Stau. Mit »Softsexdevilrock« gibt es nun die wohl geeignetste CD für diesen Fall. Die drei bildenden Künstler Ronald Kodritsch, Andreas Leikauf und Martin Schnur laden hier zu einem recht humorvollen musikalischen Streifzug durch die letzten 30 Jahre Rockgeschichte ein. Dabei werden…
Pinhead-Power to the People! Jeder Song eine Sechsertrage Eisenstangen durch die Stirn! Alles was man sich vom letzten Slayer-Album vergeblich versprach, endlich wieder ein Album puristischer, gnadenloser, auf die reine Körperlichkeit reduzierte Brutalität, das wird hier eingehalten. Denn wo Slayer sich auf »God Hates Us All« allein auf den Altherren-Trick beschränkten, die Audio-Regler auf allen…
Und hier haben wir den Tori … Tomi … Toshimaru Nakamura aus Tokio! Was machst du denn da schönes? EinVehikel? »Vehicle«, meinetwegen. Und das kann Musik machen? Na, lass mal hören. Aha, ein toller Rhythmus, irgendwie karibisch oder lateinamerikanisch. Aber da fehlt doch noch was, das ist ein bisschen eintönig. Wenn du vielleicht noch ……
Als Teenager hatte Thelonius Monk sein Schlüsselerlebnis in Sachen Musik: Er lernte die große Jazzpianistin Mary Lou Williams kennen, eine lebenslange Freundschaft entstand und Monk selbst wurde zum Star. Seinen ersten Auftritt beim berühmten Jazzfestival in Newport (Rhode Island) hatte Monk im Jahr 1955, im Jahr 1962 beginnt er Aufnahmen für Columbia zu machen. Die…
»I’m a work in progress«. Missy Elliott macht gleich beim Intro klar, dass digitaler Rhythm & Blues im Science-Fiction-Funk-Gewand von Timberland kein Fertigteilhaus zum Sesshaftwerden ist. Zwar gibt es immer noch den gewissen Groove aus dem Hause Timberland (etwa bei »Go To The Floor«, »Gossip Folks« sowie bei der aktuellen Single »Work It« mit ihrer…
Fat Possum wagt nun den logischen Schritt. Galt dieses Label aus Oxford/Mississippi bisher als Heimat für die letzten großen Helden des Blues (und ein paar junge Verrückte wie Bob Log), so startet man hier eine Serie historischer Veröffentlichungen. Der Startschuß hätte imponierender kaum ausfallen können, denn Fred McDowell wurde hier auf dem Höhepunkt seiner zweiten…
M 83 ist eine Galaxie weit draußen im Weltraum. Hier fühlen sich die beiden aus Antibes stammenden Bandmitglieder Anthony und Nicolas wohl. Weit entfernt vom auf Mutter Erde grassierenden Groove- und Dancewahnsinn basteln sie an spaceigen Melodien, die auch gut ins Klangkonzept von Tangerine Dream oder Mogwaϊ passen würden. Man kann sich also hervorragend wegbeamen…
Äonen vor unserer Zeit, in einer Epoche, die wir heute das späte Paläozoikum nennen, beherrschen gigantische Libellen den Luftraum über der Landmasse. Stets auf der Jagd nach Beute, gleiten sie als bedrohliche Schatten über weite Sumpflandschaften. Da erspäht eines der riesigen Insekten mit seinen Facettenaugen ein potenzielles Opfer. Mit heftig vibrierendem Flügelschlag senkt es sich…
Dieses Album bekam rundum beste Kritiken. Und es verdient sie auch. Mit Erstaunen hören wir ein Paradoxon: ein opulentes, völlig abgedrehtes, irrwitzig-witziges & zugleich minimalistisches Album. Bigga Bush, hörbar eine Hälfte von Rockers Hi-Fi, bedient sich hier riddimweise von Rio über Port of Spain und Kingston bis Havanna, New Orleans und New York bei allem,…
Ein hoher Sinuston raubt anfangs fast die Sinne und auch im Bassbereich pflanzen sich extreme Frequenzen fort. Dabei vergisst Lascalleet, der schon mit John Hudak, Achim Wollscheid und Francisco Lopez kollaborierte, nie aufs Detail. Seien es die Spitzen einer sich walzenden Soundwave, oder Reizvolles en miniature in Gebrutzel. Die Tracks sind sehr abwechslungsreich gestaltet und…
Dass Holly May für Le Tigre bei deren Österreichterminen eröffnen durften, sei hier nur nebenbei erwähnt. Denn so viel diese Tatsache den jungen Musikerinnen auch bedeutete, so wenig hörbaren Eindruck hinterließ diese Begegnung. Und das ist in diesem Fall auch gut so. Obwohl hier die Band etwas stärker in den Vordergrund tritt als beim letztjährigen…
The Devil stole my Maracas! Jede Legende braucht mal Auslauf. Und Mark Pritchard schenkt sich wahrlich nichts auf seinem Hippety Hoppenden Teufelsritt durch ein virtuelles Wunderland aus Tiki-Dämonen, wolkenkratzerhohen Doris Days und satanistischen Surfparties. Kein Beatland, in das er nicht ein Pionierfähnchen gesteckt hat, ob als Reload im europid intellektualisierten Detroit-Techno, ob als Global Communication…
Es klingt wie ein Kochrezept: Man nehme sieben Konservendosen voll mit stoischen, krachigen LoFi-Beats und lasse pro Track jeweils den Inhalt einer solchen stur im Hintergrund rumpeln. Darüber lege man eine Armada von durch zahllose Delay- und Reverbpedale gejagter, übersteuerter Gitarren Marke My Bloody Valentine, packe diese dicht gelayert übereinander und lasse sie in Endlosloops…
Der Künstler Heiner Goebbels, das Ensemble Modern und die Auseinandersetzung mit dem verstorbenen deutschen Komponisten Hanns Eisler (Komponist Brechts, Schüler Schönbergs und großer, aktiver Marxist) sind schon einmal drei gute Gründe, sich dieses Album mehr als ein dutzendmal anzuhören. Weil aber der Titel »Eislermaterial« sofort Assoziationen zu Heiner Müllers »Hamletmaschine« erweckt, beginne ich, anders zu…
Space is the place! Wie seine Label-Mates von Landing und Planetarium Music verschreibt sich auch Chris Martin, hauptberuflich Guitar Scientist der Drone-Tripper Kinski aus Seattle, beatlosem Flimmern, Pulsen und (homöopathischem) Dröhnen. Auf seinem Debütalbum wirft er diverse analoge und digitale Klangerzeuger an, um uns mit auf seinen Trip zu unbekannten, fremdartigen Planeten zu nehmen. Ein…
Jemand hatte das Kad-Album unter Orient eingereiht, wo es gänzlich falsch stand. Außer dem Namen, der auf berberisch-algerische Eltern zurückgeht, ist an dem jungen Künstler und seinem Debut kaum etwas Orientalisches, wenn man vom letzten Lied absieht, das indisch inspiriert ist. Kads Musik ist nicht festlegbar. Popmusik? Moderne Chansons? Weltmusik – was heißt das schon?…
Von in Fahrt kommen kann bei dieser Band zwar nicht die Rede sein, aber das Tropical-Thema ihrer vierten Platte sorgt für frischen Schwung in der schaurig traurigen Musik. Heftiger Einsatz von Streichern und ein vierköpfiger Frauenchor fahren gleich zu Beginn ins Mark der Wehmütigkeit. Als Ergänzung federn luftige Percussions und eine elegant verhallte Melodiegitarre die…
Mit einer genialen Bangles-go-Velvets-Version von »Manic Monday« – aufgenommen für den gleichnamigen Montags-Club im Wiener B72 – erregte The Beautiful Kantine Band vor zwei Jahren erstmals Aufsehen. Hier nun, auf ihrer Debütlangspielplatte in CD-Form, musizieren die vier Burgenländer im Geiste der 50er und (frühen) 60er und servieren eine aberwitzige Mischung aus Surf, Rockabilly, dem countryfizierten…
Aero-Nostalghia für Wave-Esoteriker. Nope. BOCs Weg des Cocoonings im Spinnwebsynthesizer zum Sonntagnachmittagstee, der war nicht meiner. Auch wenn die Musikfachpresse seit 1998 über die herzwarm menschelnde Electronica des schottischen Duos ejakuliert wie sonst über keinen nach 95 ins Spiel gebrachten e-Sphärenwerker. Seit »Twoism« tickt das anders: Rerelease der ersten ever geschaffenen Tracks, die Mitte letzten…
Wenn man sich für Saxophonisten – und vielleicht auch für Gitarristen – interessiert, landet man irgendwann ganz bestimmt bei Peter Brötzmann. Je früher, desto besser, nur so kann man nachvollziehen, was die heute Sechzigjährigen erlebten, als eine neue Generation europäischer Post-Free-Jazz-Künstler die Szene betrat. Brötzmann, Derek Bailey, Han Bennink, John Stevens, Evan Parker und viele…
»Wenn ein Phantom klettern will, reicht ihm schon der Schatten einer Leiter.« (Robert Anton Wilson: »Masken der Illuminaten«) Bohren & Der Club Of Gore öffnen also wieder einmal die zähen Schleimpforten zu ihrem leichengiftigen Todes-Jazz-Keller. Nach dem hypnotisch-spröden 2CD-Monster »Midnight Radio» und dem irgendwie doch Hit-Album »Sunset Mission« für böse cruisende Leutnants & Sniper-Azubis lassen…
»Torino« ist das mittlerweile dritte Studioalbum von Cinerama, der britisch-amerikanisch-finnischen Symbiose um Wedding-Present-Frontman David Gedge. Mit Sicherheit ihr bisher bestes. Beinahe nahtlos schließt es an die Ära Wedding Present, die 2002 wahrscheinlich so klingen würden, an. Da lacht das Herz vor Freude, über 13 wunderbare Songs des Großmeisters. Besonders: »Quick, before it melts«. Wirklich neu…
Johnny Cash ist es egal, dass in allen Redaktionsstuben bereits die Nachrufe abrufbereit gespeichert sind. Er nimmt mit Rick Rubin unbeirrt von Asthma und Diabetes Songs auf, und schreibt mit dem Titelstück auch noch einen der ganz großen Cash-Songs, der sich in die lange Reihe der Klassiker einreiht. Sicher, seine Stimme ist nicht mehr diese…
Playmobil im Mulatschag. Was einst als weggeworfener Freundschaftsdienst für einen offensichtlich bescheuerten Filmemacherfreund begann, entwickelte Faint-Basser Joel Peterson vom Soundtrack-Gezwirbel zu einem der phänomenalsten Stücke an Electro-Rave und LoFi-Dancefloor. Ähnlich der großartigen und viel zu wenig bekannten Salaryman, schmelzen die bizarrsten Klangwelten in ein eingängiges Groovedickicht, das eher auf poprockende Melodieführung als auf die nackte…
Der italienische Saxophonist und Blasinstrumentalist Actis Dato war für mich schon immer schwer einzuordnen. Ob er nun frei oder modern oder offen oder einfach er selbst ist, ist weiterhin ungeklärt. Auf dem ersten Opus spielt Actis‘ Band einen seltsamen Stilmix ohne erkennbaren Fokus und stringente Soli, wobei das Spektrum Electro-Free-Traditional-Funk-Jazz umfasst und besonders geschmacklos ist…
Some Noise by Däleks Roadie. Nettes gemeinsames trinken kürzlich, CDs tauschen, übliches Prozedere. Genauso üblich ist, dass von Fans/Roadies usw. verschenkte CDs Müll sind, der verzweifelt über der armen Musikjournalistenschaft abgeladen wird. Doch siehe da, Überraschung. Destructo Swarmbots ist richtig schöner Noise, hauptsächlich gitarrengenerierter. Endlich wieder mal Ein-Akkord Monster wie es sie seit Swans großer…
Die neuen Könige des Beidlrock kommen aus Neuseeland und heißen im Nachnamen Datsun. Christian, Dolf, Phil und Matt revitalisieren Rock aus dem Geiste von Schlaghosen, Garagen-Träumen und Stadion-Enttäuschungen. Enzyklopädisch geschulte Rock-Revisionisten gab es zu jeder Zeit, aber kaum eine Band hat sich bisher (die seligen Turbonegro ausgenommen) so vergnüglich ins Reich der unkorrekten Geschmacklosigkeiten geworfen….