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Various Artists

Der Spielmacher

Staatsakt

Es ist also noch immer Männerfußballeuropameisterschaft, dieses kleine Stiefkind der WM mit dem Glamour eines Staubsaugervertreters. Vielleicht gerade darum (und natürlich trotzdem auch der Fahnenschwenkerei wegen, die dieser Tage noch einmal unangenehmeren Beigeschmack hat als eh schon) ein guter Anlass für die Nationen-ja-auch-nicht-so-gut-Finder von Staatsakt, ihren schicken Polit-Indie-Diskurs mit linker Fußballkritik zu paaren und den dabei entstehenden BlingBling über diese EM zu gießen – klingt erstmal unpassend, aber insofern mein WM-Sommer 2014 auch immer noch auf den Namen Chris Imler bzw. »Nervös« hört, liegt das für mich zumindest gar nicht so weit auseinander. Das so entstandene, come on, »Fussical«, das vorvergangenes Wochenende in Berlin Premiere feierte und dessen Soundtrack gerade erschienen ist, dreht sich natürlich irgendwie um Kommerz und Homophobie, Korruption und Ausverkauf, ja, um was soll es denn auch sonst gehen, mal ehrlich, um Trikotschnitte und zärtliche, gekickte Bogenlampen? Da wird die Menge im Theater HAU aber sicher aufheulen, wenn sie davon erfährt, was die mit uns’rem schönen bunten Fußball – so weit, so »wichtig«, respektive egal also. Und damit zur Music!

Und damit zur Begründung, warum hier etwas vorliegt, das vermutlich in 40 Jahren einmal für die gegenwärtige Berliner Indie-Szene sein wird, was Brian Enos »No New York« für das New York der späten Siebziger war: der kurze, für die Ewigkeit festgehaltene Moment, der es auf den Punkt bringt. Alle sind da, die Alten und Mittelalten und Fastnochjungen, und allesamt stellen sie hier Tracks vor, die für B-Seiten zu schade, aber durch das Themenfeld herrlich abseitig geraten sind. Selbstverständlich ist das hier, trotz verbindender Geschichte und grober stilistischer Ähnlichkeit, eine Ansammlung von Alleinikows und Dribblern eher als eine Mannschaftsleistung, aber wenn’s passt: Jens Friebes »Chor der Spielerfrauen« klingt, wie Jens Friebe immer klingt, hier nochmal songtextlich freidrehender, während sein »What Do They Know« seine jugendliche Auseinandersetzung mit dem Körper revisitiert. Bei Chris Imlers bösem »Fan ist ein Stahlbad« macht er auch noch mit. Die Türen mit Label-Chef und Projektinitiator Maurice Summen machen eh alles, hier unter anderem drei etwas behämmerte »Ballologe«, einen wunderbaren, melancholischen Abschlusstrack mit den personaluniierten Der Mann und das großartige Siebziger-Jahre-Schlager-Pastiche »Der Erfolg hat immer recht« mit Vivien Mahler. Andreas Spechtl von Ja, Panik geht den Weg seiner Soloplatte mit »Sleep« weiter, der wahre Star ist und bleibt aber Christiane Rösinger, deren Stimme immer höher geht und deren dezentes Nuscheln immer geiler kommt, die hier u. a. eine Neuaufnahme des Britta-Knallers »Seltsam, Seltsam« beisteuert, noch schöner, noch umarmender als das Original aus dem Jahr 2006. Weil »Älterwerden, eines Tages sterben, ist alles drin, ist alles normal«. Weil man sich wirklich nicht entscheiden muss, ob es nun »oje« oder »oh yeah« ist. Wenn das die Sommerpause gut übersteht, dürfte sich »Der Spielmacher« schon einmal warm machen für die Jahrescharts.

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