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Spyweirdos/John Mourjopoulus/Floros Floridis

»Epistrophy and Utopia«, »Recycling Records presents: The Best of Polish Smooth Jazz ... Ever!«

Ad Noiseam

Musikgeschichte im Schnelldurchlauf, Platz schaffen ist angesagt: Auf »Recycling Records presents: The Best of Polish Smooth Jazz … Ever!« des polnischen Labels Recycling Rec. desavouieren 20 Musiker 20 Klassiker der leichten Musik-Muse fürs elektronische Zeitalter. Eine neue Generation polnischer Soundtüftler hat die alten Platten der Eltern ihrer Patina entrissen und macht daraus Tracks zwischen Ambient, Noise und Breakcore. Oft bleiben von den Originalen nicht recht viel mehr über als eine Hookline oder ein paar Vokal-Schnipsel. Selten wurde mit der eigenen Vergangenheit so im besten Sinn schamlos umgegangen. Was den Alten wahrscheinlich Wehmutskrämpfe an eine verklärte, bessere Zeit bescherte, wird aktuell nur noch als Basismaterial angesehen und durch den Reißwolf gedreht. Die große Qualität dieser Compilation besteht in der Eigenständigkeit der Endprodukte; die Macher wissen genau um die musikalische und visuelle Geschichte des Plunderphonics-Genres. Auffällig ist trotzdem, dass sich keiner der 20 Musiker »traut«, schmalzig zu sein. Abgesehen von diesem kleinen diskursiven Manko ist »The Best« eine der lässigsten Lärm-meets-Plunderphonics-CDs seit Langem. Das entsprechende Augenfutter liefert der DVD-Bonustrack. Na seavas.

»Epistrophy and Utopia« bringt generationenübergreifenden Jazz mal Elektronik aus Griechenland. Spyros Polychronopolos, John Mourjopoulos und der Improv-Veteran Floros Floridis loten auf dieser Platte die Grenzen zwischen elektronischem und traditionellem Instrumentarium aus, Spielwitz wird hier groß geschrieben, wenn es darum geht, den Zuhörer durch einen von falschen Fährten gespickten Irrgarten zu lotsen. Da werden gleich am Anfang die Claims abgesteckt, Thelonius Monk schwingt im Geist immer wieder mit. Wenig später fühlt man sich in einer Martin-Denny’esken Exotica-Lounge, um bald bei wild swingenden Klavier- und Trompetenpassagen anzukommen. 80 Jahre Jazzmusik im Schnelldurchlauf mit hohem Augenzwinker-Faktor. »The Letter After Omega« schließlich glänzt als eine gelungene Kombination von Glitch-Beats und Jazz-Phrasen. Zwei echt geile Teile, quasi komplimentär zueinander stehend, definitive Tipps!

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