kapitalismus-blues-band
Die Türen

»Kapitalismus Blues Band«

Staatsakt/Bertus

»Kapitalismus Blues Band« heißt das sechste Album der Berliner Band Die Türen. Dieses folgt ganze zwanzig Jahre nach Bandgründung und vier Jahre nach der letzten Soloplatte, doch das Warten hat sich gelohnt. Wer Die Türen noch nicht kennt, hat einiges verpasst, seit 2003 sind Maurice Summen und seine Kollegen nun schon dabei. Und weil die Labelsuche zur Veröffentlichung ihres Debütalbums »Das Herz war Nihilismus« nicht so ganz klappen wollte, gründeten Die Türen damals in ihrem WG-Wohnzimmer das heute legendäre Indie-Label Staatsakt, prägten damit die deutsche Indie-Szene langfristig und öffneten vielen jungen Musizierenden die Tür zum Showbiz. Und wenn wir schon bei Namenswitzen sind, die Türen haben sich tatsächlich nicht nach den US-Rock-Ikonen The Doors benannt, wie man ja vielleicht vermuten könnte. Und sie hören sich auch nicht an wie eine deutsche Version der Doors, sondern haben zum Glück einen ganz eigenen, vielschichtigen Stil. Im Vergleich zum letzten Album »Exoterik«, das sich soundtechnisch vor allem durch Kraut- und Dub-lastige Sounds sowie technoid anmutende Rhythmen auszeichnete, ist »Kapitalismus Blues Band« ein zwar ähnlich facettenreiches Album, dennoch ist der O-Ton doch wieder ein ganzes Stück rockiger. Indie-rockiger, um genau zu sein. Was aber nicht heißen soll, dass »Kapitalismus Blues Band« gänzlich auf elektronische Einflüsse verzichtet, im Gegenteil. Hinzukommen ebenfalls ein bisschen Punk, eine kleine Prise Deichkind, Kraut-Rock-Elemente und vieles mehr. Konkretes Beispiel für den Einfallsreichtum der Türen gefällig? Ein von einem effektbeladenen Saxofon angeführter Ambient-Psychedelic-Ausflug (»Lost in Invest«) ist auch mit dabei. Was will man mehr? Inhaltlich geht es auf »Kapitalismus Blues Band« um Postmodernes, um Absurdes, um Viertel in Westberlin, die brennen müssen, um Menschen, Chatbots, weiße Männer, Tinyhouses, Blockchain und eine Menge Widersprüche. Alles am Puls der Zeit, passend untermalt von KI-generierten Musikvideos zu »Zu viel los gerade« und »Grunewald Is Burning«. Abschließend lässt sich sagen, dass die Türen sich zwar nicht komplett neu erfunden haben, aber »Kapitalismus Blues Band« dennoch angenehm frisch klingt. Die Band ist routiniert, aber keineswegs altbacken, was sie besonders mit ihrem treffsicheren Einsatz von Humor unter Beweis stellt. Ohne den geht bei den Türen sowieso gar nichts, aber er spielt nie die erste Geige, sondern ist subtil, spitzfindig und pfiffig platziert. »Ist hier noch Party?« stellt die Band die alles entscheidende Frage schließlich selbst. Die Antwort: Ja! Wer sich davon selbst überzeugen möchte und noch nicht raus aus dem »Party Game« ist, hat am 12. Oktober 2023 in der Sargfabrik Wien dazu die Möglichkeit, mit Jubiläumstour-Support von Paul Jets (solo) und Zinn.

favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!

Nach oben scrollen