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Scooter

»The Big Mash Up«

Edel

Es gibt nichts Leichteres als über blöde Musik zynische Kritiken zu schrieben. Schwups, erscheint auf dem Bildschirm so was: Scooter stellen sich unter Dubstep nichts anderes vor als diverse James-Blake-Feuilletonisten, kriegen das jedoch etwas besser hin, auch wenn ihr Dubstep-Verständnis dann doch sehr auf den bei protestantischen Kirchentagen gerne praktizierten Deutungen von dem basiert, was dort unter R&B und/oder Soul in deutscher Zunge gerade gebrochen wird. Dementsprechend dürften bei der aktuellen CD-Produktion die jeweiligen »Mash Up«-Challenges (also »Wochenaufgaben«) wohl so gelautet haben: Macht aus Tony Marshall Atari Teenage Riot und aus diesem Hansi Hinterseer, stellt euch vor: Jürgen Drews und Xavier Naidoo singen mit Rammstein eine »emotionale« Ballade, die von Andre Riéu und Hubert von Goisern geschrieben wurde und versucht Roberto Blancos Gastauftritt beim heurigen Wacken Open Air mit Sodom zu toppen, indem ihr Vicky Leandros zu einer voll geilen Kooperation überredet (das schunkelnde Ergebnis »C’est bleu« eignet sich zumindest super zur Untermalung jedes noch folgenden Auftritts des Finanzrettungsschirmunternehmens Merkozy, klingt aber eher wie die lustigen Stiefel marschieren über Frankreich). Scooter färben also doch ab. KasperlTechno und Kinderschokolade-Acid für den Flatrate-Dancefloor, powered by RTL2 – schon wieder ist es passiert. Ja, wieso sich das überhaupt antun, fragen FreundInnen seit Bekanntgabe des Vorhabens. Vielleicht, weil die Pathos-Teile, dieses menschlich Allzumenschliche der weichen Birne in harter Schale doch irgendwie möglicherweise vielleicht mit dem zu verbinden sind, was Nietzsche so an Wagner gehasst hat. Gerade im überproduzierten Stumpfen von Scooter kommt ja die bourgeoise Lust, sich an stumpfen Unterschichtsvergnügungen zu ergötzen zur vollen Entfaltung. Das mag auch die komische Verwendung des Autotune-Effekts bei Scooter erklären. Egal ob wir darin eine supertolle, futuristischqueere Mensch/Maschinen-Transformation sehen, oder eine Plage, so stellt sich gerade bei Scooter die Frage, wieso dabei immer Mickey Mouse im Schlumpfenland mit Heliumstimme rauskommt (und kein feminizing Wagner). Aber es würde schon reichen »Mash Up« im Scooter’schen Sinn erfassen zu können. Das geht nämlich so: Einfach alte Gassenhauer (»Walk In The Park«, »Reality«, »Ain’t Nobody Does It Better«) prominent genau in die Mitte der eigenen Dumpfhämmer platzieren, kurz anspielen und dann mit synkopenfreien 4/4teln rüberbrettern. Hätte früher einfach Medley oder Potpourri gehei&szligen, macht aber nix. Weil Scooter ja quasi KLF sind. Solcherart sagen sie locker »Copyright is for losers«. Das können sich nicht viele leisten, bei Scooter beginnt gleich die CD so und mit dem Song »Copyright« gibt’s auch gleich eine auf die Fresse. Die Piratenpartei wird?s freuen, doch Schreck lass nach, auch der FDP. Denn Scooter schreiben sich penibel als Co-Autoren bei jedem Mash Up dazu. Selbst bei »Bang Bang Club«, eigentlich nur ein simpler Remix des Flirts-Hits »Passion«. Aber Hans Peter Baxxter glaubt ja auch KLF würden Scooter schätzen wie er der »Spex« mal erklärte: »In einem Interview antwortete er (gemeint ist Bill Drummond) 2000 auf die Frage, wen er als die legitimen Erben von The KLF ansehen würde: Scooter.« Dann schauen wir uns zum Schluss einfach besagtes Interview (erschienen 2006 in »Monopol – Magazin für Kunst und Leben«) mal an. Frage: »Kennen Sie die deutsche Band Scooter und wissen Sie, wie deren Artwork, Texte und Musik KLF kopieren?« Antwort: »Ich bin mir bewusst, dass es eine Band mit dem Namen Scooter gibt. Ich habe ihre Musik nie gehört. Jemand hat mir eine CD von Scooter gezeigt, auf der ich sehen konnte, wie sehr sie sich auf KLF beziehen. Ich habe das nicht verstanden.« P.S.: Auf der zweiten CD finden wir »Suck My Megamix – The Longest Scooter Single In The World«. 46 Tracks in 80 Minuten, die gefühlt den längsten James-Last-TranceTekkno-Non-Stop-Mix der Welt aus der goldenen »Thomas Gottschalk-Musik«-Truhe (Status Quo, Supertramp, Sailor) darstellen. Danke.

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