Foto: © Microthol
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Offshore Freq

Die gemeinsame Liebe zu Detroit Techno und exotischen Früchten - so die Website - veranlasste DAN LODIG, ART VEGA und DEXTRO vor zwanzig Jahren, Pomelo Records aus der Taufe zu heben. Den Jahrestag nützt das Label für einen Showcase der Wiener Szene. Diese war in den 1990er-Jahren von einem regen Austausch mit Berlin geprägt, der aber irgendwann doch recht einseitig wurde, als ein Artist nach dem anderen seinen Wohnsitz wechselte.

»Pomelo XX« (Pomelo, 2×12″) zeigt nun aber kein »Ûbrigbleibsel«, sondern eine Szene, die im Bewusstsein dieser alten Verbindung trotzig weitergearbeitet hat; oft in Nischen und selten so sichtbar wie auf dieser Release. Aus der durchwegs starken Zusammenstellung ragen die Tracks von Altroy (der Betreiber von Minimalsoul Records) und Digilog (aus dem temp~ Umfeld) besonders heraus, denn sie fangen den Spirit früher Pomelos am besten ein und setzen ihn konsequent in die Gegenwart um.
DJ GLOW
hatte sich die Sache damals fünf Jahre lang angesehen, bevor er schließlich sein eigenes Label gründete: Trust Records hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Outlets für klassischen Electro entwickelt und bietet lokalen Acts wie Microthol und Epy ebenso eine Plattform wie DJ Stingray (aus dem Dunstkreis Drexciyas), Clatterbox (früher Clear Records) oder Exaltics (Bunker/Solar One). »Trust XV« (Trust, 3×12″) besteht aus insgesamt 14 Stücken ebenso vieler Artists, die sich dabei zwar durchgehend am Grundgerüst von Electro orientieren, ohne jedoch ihre Eigenständigkeit zu verlieren – wobei die Stücke von Matti Turunen, Microthol und Planet 43 noch eine Spur kälter funkeln und zappen als der Rest.
Auch abseits der Label-Urgesteine hat die lokale Technoszene in den letzten Monaten kräftige Lebenszeichen von sich gegeben – etwa mit »Extra Acid« (Global A, 12″) von TIN MAN. Dieser zelebriert dabei einen Sound, der nahtlos an den Stoizismus von Leon Carsons »Red Lightbulb Theory ’87- ’88« (Sound Signature, 2×12?) anknüpft: man wünscht sich, der zwölfminutige Loop würde bis ins Morgengrauen laufen.
Hingegen erteilt IRRADIATION mit »Black Body Radiation« (Temp~, digital) dem aktuellen Hang zu »Retro« eine deutliche Absage. Zwar könnte der Technobreakbeat manchmal einen Hauch mehr Swing vertragen, doch Irradiation packt den Dancefloor mutig an der Hand, meint »Komm schon!« und durchstreift gemeinsam mit ihm die Fraktale und Glitches ihrer digitalen Soundwelten.
Und FRANZ GANZ legt als Teil des bislang vorwiegend in Klagenfurt und Graz aktiven Belegschaft-Kollektivs mit »Nelly« (Birdkids, digital) ein durchaus hörenswertes UK-House-Debüt vor.
Damit die transdanubische Szene an dieser Stelle zumindest Erwähnung findet, sei noch auf die fulminanten »Space Loops« (No Corner, 12″) des Londoners FILTER DREAD verwiesen, dessen Soundscapes zwischen Jungle, Grime und Ambient ursprünglich nur als limitierte Audiocassette erschienen, bevor sie den Weg auf Platte fanden.
Soundlinks auf www. twitter.com/offshore_freq

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