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DJ Marcelle/Another Nice Mess

»One Place For The First Time«

Jahmoni Music

Wer beim Feiern auf einmal vor einem mit Blumen geschmückten DJ-Pult steht und sich in einer Wolke aus fetten, tiefen Beats und einem seltsamen Industrial-Sound mit eklektischen Samples wiederfindet, wohnt wahrscheinlich gerade einem Set von Marcelle van Hoof alias DJ Marcelle bei. Und das ist sehr gut. Denn selten macht Live-Musik vom Plattenteller so viel Freude. Der Austausch mit dem Publikum, der ihr offensichtlich am Herzen liegt und ein gutes Live-Set ausmacht, kommt auch den Menschen vor dem DJ-Pult zugute. Es entsteht ein Bezug zwischen Publikum und DJ, man beobachtet sie beim Mixen ihrer Experimente, tanzt, lauscht, lässt sich überraschen, fiebert mit, ob die zum Teil fast wahnsinnigen Versuche funktionieren, unterschiedlichste Sounds auf einen Nenner zu bringen und tanzbar zu verwursten. Und freut sich, wenn sie sich freut. Neben ihren einzigartigen Auftritten veröffentlicht DJ Marcelle die wilden Tracks auch auf Vinyl, unter dem Namen Another Nice Mess. »One Place For The First Time« ist der neueste Wurf und man erwischt sich dabei, die Lautstärke aufzudrehen, bei jedem Song ein wenig mehr, potenziell dann, wenn Break Beats oder Dubs, gespickt mit Snippets von Gesängen indigener Gruppen, Kassa-Klingeln, französischen Kindergartenkindern beim Kindergeburtstag, Elefantenposaunen oder einfach »Krach«, die Beine in zwanzig verschiedene Richtungen zum Tanzen bringen. Auf dem neuen Album liefert sie wie gewohnt mal äußerst schnelle Tracks, beispielsweise »Annoying Well Meaning People«, mit rasendem Bass, Zymbal-Gecrashe und diesen wundersamen, klapper-klopfenden Drums. Das ist eben nicht nur Musik zum Betanzen, sondern gleichzeitig zum genau Hinhören und sich Wundern. Eklektisch sind nicht nur ihre Samples, sondern auch die Richtungen, die sie einschlägt: »Dub (Dub)« ist, wie der Name unschwer erkennen lässt, ein Dub-Track, experimentell, zischend, verdichtet. Aber ein typischer Dub ist das auch nicht. Und um die Mess komplett zu machen, führt sie mit »The Mother Of All Messes« noch ein Synthie-Stück ein, das eher etwas melancholisch anmutet und fast als ein Ausgleich zu all dem teils hektischen Sound dient. Mit ihrer Musik schafft es DJ Marcelle bis zum Nyege-Nyege-Festival in Uganda: Dort ist sie seit Jahren Resident DJ, Boiler Room übertrug just einen ihrer Auftritte. Dort wurde des Öfteren vom MC verlautbart, sie spiele Vinyl, der Tisch solle also unberührt bleiben. Das hört man im ersten und im letzten Song als Sample, »She plays Vinyl« und »Donʼt Touch the Table!«. Humorvoll und äußerst musikalisch. Empfehlung: Laut aufdrehen und gut hinhören. Es passiert so viel!

Link: http://www.anothernicemess.com

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