DREW LUSTMAN streift sein Dasein als Falty DL ab und geriert sich als »The Crystal Cowboy« (Planet Mu/Hoanzl). Darauf besinnt sich der New Yorker weniger auf sein visionäres Schaffen und schraubt zu sehr auf Breakbeats, Drum’n’Bass und Jungle der 1990er Jahre zurück, wenngleich viele Synthflächen und manch tiefe Bässe an sein Maßstäbe setzendes Alter Ego erinnern.
Aufgekratzter und echt am Puls der Zeit ist die Produzentin JLIN aus Gary/Indiana mit »Dark Energy« (Planet Mu/Hoanzl). Footwork-Mania, ausgelöst von skelettös-perkussivem Drumsound-Geknatter, pochenden und holpernden Bässen, hüpfenden Synth-Lines und präzis-knappen Stimm-Samples. »Guantanomo« wird furchterregend nachgestellt, gefolgt vom Gegenteil – erotischer Hitze. Jlin ist ein ungeschliffener Rohdiamant wie das einst THE MOTHMEN aus Manchester waren. Deren »Pay Attention!« aus 1981 (On-U Sound/Rough Trade) ist ein ganz besonderer Reissue mit sechs Bonustracks, der viele Facetten des Postpunk wie die Affinität zu Dubbässen offenbart. Doch weil die Mothmen gar so outstanding eigenbrötlerisch waren wie in ihrem gleichnamigen Trance-Trommel- Free Blowing-Wahnsinns-Track, reichte es nicht zum Legendenstatus, weshalb noch zu Paul Poets Rezension nachgereicht sei, dass Multiinstrumentalist Bob Harding das Reggae-Reissue-Label Blood & Fire ins Leben rief.
Neben Adrian Sherwood, dem Hausproduzenten von On-U, ist Dennis Bovell einer der besten UK- Dub-Produzenten. Auf NANA LOVEs »Full of Funk« (Nestor Records/bbe/Hoanzl) fungiert er mit Dave Hunt als Engineer. Die Aufmerksamkeit, die er der Rhythm Section mit Grek Haywoods funky Bass zukommen lässt, macht dieses Album aus 1978 zu einem grandiosen Klassiker – selbst Adrian S. Bennetts Clavinet & Syntesizer-Sounds verheißen einen gloriose Zukunft. Disco Documentary at it’s best.
Anno 2015 schließt CRAZY P mit »Walk Dance Talk Sing« (!K7/Hoanzl) beinahe nahtlos an. Es ist bereits das siebte Album des Trios aus dem UK und sein funky Disco House kommt dank Disco-Chanteuse Danielle Moore besonders überzeugend rüber. Etwa auf dem gemächlich und doch mächtig anschiebenden Opener »Like A Fool« oder Track No. 10, wo ein trockener discoid-funky E-Bass mit heavy House-Piano-Chords verschmilzt und Mrs. Moore croont: »Hoo Hah, ›Hear My Song‹«.
PORTICO hat eine erstaunliche Transformation hingelegt. Als Portico Quartet war das nunmehrige Trio mit gehobenem Ambient Jazz sogar mal live im Porgy & Bess zu sehen. Hatte was und hat nun auf »Living Fields« (Ninja Tune/Hoanzl) digitale R&B-Soulfulness mit Subbass und nasalen Gast- sängern Joe Niewman, Jamie Woon und Jon McCleery. Melancholisches fürs Chillen nach/während einer Party.
Deftiger geht es auf »Miami Vice« (Inflamable Records) zu. Der Pariser Musiker/Produzent ist Fan der TV-Serie, montiert dazu seine Tracks wie nach einem Drehbuch und verquickt die dunkle, an bassmächtigem Trap orientierte Atmosphäre mit luftigeren Sounds, wo etwa ein Jazz-Kontrabass Synth- bzw. Pianomelodien grundiert und samtener Gesang als I-Tüpfelchen fungiert (»Love Theme«). DJ CAM ist Eklektiker vor dem Herrn, dessen HipHop-Sozialisation immens durch- schimmert und gilt nicht umsonst als Beatmeister, der mit Größen wie Daft Punk, Air oder Bob Sinclair den sogenannten »French Touch« etablieren half.