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Sumac

»Love in Shadow«

Thrill Jockey

Nach dem großartigen Gemeinschaftsalbum »アメリカドル紙幣よ そのまま横を向いたままでいてくれ 正面からは見られたもんじゃないから« mit Keiji Haino melden sich Sumac 14 Monate später mit neuem Langspielspaß zurück. »Love in Shadow« ist das sich über einen Zeitraum von etwas mehr als einer Stunde erstreckende Album mit den vier Titeln »The Task«, »Attis’ Blade«, »Arcing Silver« und »Ecstasy of Unbecoming«. Die Zusammenarbeit mit dem Gitarrero aus Nippon hat hier nun hörbare Spuren hinterlassen: Die Songs sind länger, experimenteller und … improvisierter. Zwar wurden alle vor der Session mit Haino komponiert, doch erst nach der Arbeit mit dem Impro-Guru aufgenommen: Auf »Love in Shadow« wurde der Versuch gewagt, freier, intuitiver zu spielen, um dadurch eine Unmittelbarkeit zu schaffen, die so in strenger Komposition nicht möglich ist. Man hat zu schätzen gelernt, beim gemeinsamen Spiel Risiken einzugehen. Turners Gesang scheint dazu noch härter, rauer und roher als gewohnt und bereits beim ersten Song »The Task« starten Sumac ihr Bombardement postwendend. Nach dunkelstschwarzen Tiraden folgt oft der Zusammenbruch und übrig bleiben sanfte, kurze Melodien einer gebrochenen Gitarre. Dann aber Rückkehr in rhythmische Straight-forward-Ballerei mit aus der Tiefe des Herzens heraufkrachenden Ausbrüchen. Komposition und Improvisation geben sich geschwisterlich die Hand, rasiermesserscharfe Riffs stehen neben Drone-Gewölk. Im Vergleich zu ihrem Erstling »The Deal« (2015), dessen Songs leider reichlich chaotisch anmuteten, haben Sumac sich hier ihm Vorhinein mehr Freiheit genommen. Der Aufbau des Albums wird zusammengehalten von einer Atmosphäre, die sich durchs ganze Album zieht. Ähnlich dem Auftritt einer Free-Jazz-Band gibt man sich beim Hören dem Bewusstseinsstrom der drei Künstler hin und wird mal mehr mal weniger mitgenommen. Und sind die Ideen spärlicher, nimmt einen die Todeskralle des Sludge in ihre Wiege und schaukelt dominant zum Takt. Dem kann man sich dann doch nur schwer entziehen. Nicht nur ist die Idee, Sludge mit freier Improvisation zu verbinden, innovativ. Sumac versuchen mit ihrem neuen Album, den Begriff Liebe einer Bedeutungsverschiebung zu unterziehen: Liebe gilt hier nicht nur als das Schöne, das man als (meist kurze) Hochstimmung zu wissen meint, sondern als die Passion, die sie eigentlich schon immer war, und sie sei in all ihren Facetten als das, was uns im Wesen ausmacht, anzunehmen und zu schätzen. Äußerst lebensbejahend. Es wurde wohl Nietzsche gelesen. Man hört spirituelle Rockmusik. Spirituell in dem Sinne, dass die drei Musiker ihr Inneres fließen lassen; es gilt der reine Ausdruck, der auf Gefühle deutet, die so exemplifiziert jeder nachzuvollziehen imstande ist, und das reißt mit. Es muss nicht immer gut ausgehen. Aber im Ganzen ist es gut. Fazit: Viszeralst!

Home / Rezensionen

Text
Lutz Vössing

Veröffentlichung
14.08.2018

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