olga_tetsuo.jpeg

Monotype Special

Gott sei Dank Impro, zu meiner Freude abgefahrene Musik – es ist also wieder Zeit für Monotype, denn dass alle vier Monate ein Päckchen von diesem Label eintrudelt, ist für mich fast schon der normale Lauf der Dinge. Diesmal dabei: OLGA MAGIERES/TETSUO FURUDATE mit »Introduction of ??Blue of Noon??« (mono029). Das Booklet enthält eine englische ?bersetzung von George Batailles Vorwort zu seinem Roman »Le bleu du ciel«, auf den bereits der Titel des Albums verweist. Ein Duett mit »Klavierimprovisationen & anderen Sounds« – Musique concrète trifft auf andere Erzählungen, hier Chopin, Bach, Gershwin und eine Lesung von Batailles Text, und erzeugt so eine (wenn Sie wollen: impressionistisch angehauchte) Stimmung, Dichte, Färbung. Der beste Aspekt dieses Duos ist wohl, dass es ein völlig hybrides Objekt bleibt und die Stimmen des Protagonisten und der Protagonistin für sich selbst sprechen, sodass die HörerInnen erst gar nicht zu überlegen brauchen, was als nächstes kommen wird. Ein Album, wie man es auch in au&szligergewöhnlichen Buchhandlungen und fluxischen Galerien finden könnte. Gut! (Führt man sich am besten frisch und zum Ausklang eines strahlend schönen Tages zusammen mit einem Drink zu Gemüte.) Wenn vier Freunde – Dan Warburton, Jac Berrocal, Alexandre Bellenger & François Fuchs – ihr Quartett HOT CLUB nennen, verweist das (direkt oder ein wenig zynisch?) auf Paris und Frankreich. Dabei ist man fast versucht, diese Gruppe »Les Trois Mailletz« zu nennen (ein Witz, sollten sie diese Piano-Bar nicht kennen). Mit »Straight Outta Bagnolet« (monolp004) präsentieren sie ein Studioalbum mit insgesamt drei Tracks. In den ersten Minuten einer sehr regen re-dekonstruktivistischen Improvisation dürfte sich auf Bellengers Turntables eine Platte drehen, auf der Jean Sablon singt (und Django Reinhardt Gitarre spielt). Mir gefällt au&szligerordentlich, welchen Effekt das hervorruft, wie es den Raum öffnet, Humor und Verzweiflung transportiert, eine Haltung wiedergibt. Ob Apokalypse oder klares »fuck it«, ob dazu verdammt oder als gegeben vorausgesetzt ?? unsere vier »Rosen« sind jedenfalls präsent. Ja, nach einer Weile kann man wohl sagen: Hier wird ganz schön improvisiert. Und auch Paris lässt sich hier entdecken, nicht nur wegen der Schellacks, die zum Einsatz kommen, sondern tiefer, irgendwo unter der Haut. Spuren von Frankreich? Wunderbar, bringt den Beaujolais und die Saucissons, wir kippen noch einen hinter die Binde: Spiel, Zigeuner, spiel – jetzt kommt der Käsekuchen mit CD, DVD, Booklet und anderem ?? LYDIA LUNCH & PHILIPPE PETIT legen mit »Twist of Fate« (mono035, CD und DVD) die Live-Aufnahme eines Auftritts im »Cabaret Aléatoire« in Marseille vom Oktober 2009 vor: intime Geschichten, Geister, Farbflecken und Landschaften in einem Theater ?? Die Stimme von Lunch ist seit dem letzten Mal, als ich etwas von ihr hörte, tiefer und schärfer geworden (drei Packerl am Tag, oder?). Das Audio-Dressing passt wunderbar, wechselt zwischen Spannung und Loslassen, was den Geist wach hält. Orchestrale Electronics (eher Old-School-Synth als purer Laptop-Minimalismus), dazu immer wieder Noise-Gitarre, digitale Verzerrungen und andere Bühnen-Effekte – man merkt, dass sich Philippe Petit diese Begegnung gewünscht und unserer Diva eine feinsinnige musikalische Reise ma&szliggeschneidert hat, weder zu sehr Goth, noch zu arty und auch nicht rein installativ, sondern die wirkliche Mise en scène einer Narration. Dennoch könnte ich nach einer Weile, so auf halber Strecke, etwas mehr ?? oder ein paar Richtungswechsel in der Geschichte vertragen. Wo Faszination und Fan-Sein Grenzen setzen (was hier nur ein marginales Problem ist), kann es nie schaden, unsere Helden und Heldinnen neu zu lesen, wie es schon Pan Sonic mit Alan Vega machten. Und auch die rauhe (der russischen Pornodarstellerin Ivana Fukalot nicht unähnliche) Seite von Lunch vermisse ich ein wenig, sowohl in den Worten wie auch der körperlichen Präsenz. Wie ein Geist spukt sie manchmal zu sehr im musikalischen Dressing, aber solche Projekte zwingen einen ganz einfach, sein eigener Charakter zu werden. All in allem: gute Neuigkeiten. Wir warten auf das nächste Päckchen.

Gott sei Dank Impro, zu meiner Freude abgefahrene Musik – es ist also wieder Zeit für Monotype, denn dass alle vier Monate ein Päckchen von diesem Label eintrudelt, ist für mich fast schon der normale Lauf der Dinge. Diesmal dabei: OLGA MAGIERES/TETSUO FURUDATE mit »Introduction of ??Blue of Noon??« (mono029). Das Booklet enthält eine englische ?bersetzung von George Batailles Vorwort zu seinem Roman »Le bleu du ciel«, auf den bereits der Titel des Albums verweist. Ein Duett mit »Klavierimprovisationen & anderen Sounds« – Musique concrète trifft auf andere Erzählungen, hier Chopin, Bach, Gershwin und eine Lesung von Batailles Text, und erzeugt so eine (wenn Sie wollen: impressionistisch angehauchte) Stimmung, Dichte, Färbung. Der beste Aspekt dieses Duos ist wohl, dass es ein völlig hybrides Objekt bleibt und die Stimmen des Protagonisten und der Protagonistin für sich selbst sprechen, sodass die HörerInnen erst gar nicht zu überlegen brauchen, was als nächstes kommen wird. Ein Album, wie man es auch in au&szligergewöhnlichen Buchhandlungen und fluxischen Galerien finden könnte. Gut! (Führt man sich am besten frisch und zum Ausklang eines strahlend schönen Tages zusammen mit einem Drink zu Gemüte.)

hotclub.jpg
Wenn vier Freunde – Dan Warburton, Jac Berrocal, Alexandre Bellenger & François Fuchs – ihr Quartett HOT CLUB nennen, verweist das (direkt oder ein wenig zynisch?) auf Paris und Frankreich. Dabei ist man fast versucht, diese Gruppe »Les Trois Mailletz« zu nennen (ein Witz, sollten sie diese Piano-Bar nicht kennen). Mit »Straight Outta Bagnolet« (monolp004) präsentieren sie ein Studioalbum mit insgesamt drei Tracks. In den ersten Minuten einer sehr regen re-dekonstruktivistischen Improvisation dürfte sich auf Bellengers Turntables eine Platte drehen, auf der Jean Sablon singt (und Django Reinhardt Gitarre spielt). Mir gefällt au&szligerordentlich, welchen Effekt das hervorruft, wie es den Raum öffnet, Humor und Verzweiflung transportiert, eine Haltung wiedergibt. Ob Apokalypse oder klares »fuck it«, ob dazu verdammt oder als gegeben vorausgesetzt ?? unsere vier »Rosen« sind jedenfalls präsent. Ja, nach einer Weile kann man wohl sagen: Hier wird ganz schön improvisiert. Und auch Paris lässt sich hier entdecken, nicht nur wegen der Schellacks, die zum Einsatz kommen, sondern tiefer, irgendwo unter der Haut. Spuren von Frankreich? Wunderbar, bringt den Beaujolais und die Saucissons, wir kippen noch einen hinter die Binde: Spiel, Zigeuner, spiel – jetzt kommt der Käsekuchen mit CD, DVD, Booklet und anderem ??

mono035.gif
LYDIA
LUNCH & PHILIPPE PETIT legen mit »Twist of Fate« (mono035, CD und DVD) die Live-Aufnahme eines Auftritts im »Cabaret Aléatoire« in Marseille vom Oktober 2009 vor: intime Geschichten, Geister, Farbflecken und Landschaften in einem Theater ?? Die Stimme von Lunch ist seit dem letzten Mal, als ich etwas von ihr hörte, tiefer und schärfer geworden (drei Packerl am Tag, oder?). Das Audio-Dressing passt wunderbar, wechselt zwischen Spannung und Loslassen, was den Geist wach hält. Orchestrale Electronics (eher Old-School-Synth als purer Laptop-Minimalismus), dazu immer wieder Noise-Gitarre, digitale Verzerrungen und andere Bühnen-Effekte – man merkt, dass sich Philippe Petit diese Begegnung gewünscht und unserer Diva eine feinsinnige musikalische Reise ma&szliggeschneidert hat, weder zu sehr Goth, noch zu arty und auch nicht rein installativ, sondern die wirkliche Mise en scène einer Narration. Dennoch könnte ich nach einer Weile, so auf halber Strecke, etwas mehr ?? oder ein paar Richtungswechsel in der Geschichte vertragen. Wo Faszination und Fan-Sein Grenzen setzen (was hier nur ein marginales Problem ist), kann es nie schaden, unsere Helden und Heldinnen neu zu lesen, wie es schon Pan Sonic mit Alan Vega machten. Und auch die rauhe (der russischen Pornodarstellerin Ivana Fukalot nicht unähnliche) Seite von Lunch vermisse ich ein wenig, sowohl in den Worten wie auch der körperlichen Präsenz. Wie ein Geist spukt sie manchmal zu sehr im musikalischen Dressing, aber solche Projekte zwingen einen ganz einfach, sein eigener Charakter zu werden. All in allem: gute Neuigkeiten. Wir warten auf das nächste Päckchen.

favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!

Ähnliche Beiträge

Nach oben scrollen