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Suicide

Half Alive

R.O.I.R.

Nach den CD-Veröffentlichungen des klassischen Frühwerks (incl. diverser Bonushappen und der legendären »23 Minutes In Brusseles«-Saalschlacht) liegt mit »Half Alive« nun sozusagen der musikalische Grundkorpus von Suicide allgemein zugänglich vor. Die 1981 erstmals erschienene dritte Veröffentlichung des damals epochemachenden Cassette-Only-Labels R.O.I.R. (mit Liner-Notes des nicht minder legendären »Rock«-Schreibers Lester Bangs) geht dabei zurück bis ins Suicide Homestudio anno 1974 und liefert darüberhinaus manisch Pochendes und in allen Vorhöllen dieser Welt sich die Seele herausschreiendes Live-Material aus den späten 70ern. Allein Alan Vegas elektronischer Urschrei beim E-Smog-Wummer&Scheuer-Intro zum Hexenkessel »Harlem II« stellt einen jener Knackpunkte dar, an dem es wohl an der Zeit ist (und auch war), sich von sämtlichen Unnötigkeiten, Allgemeinplätzen und Mittelmäßigkeiten innerhalb des privaten Tonträgerarchivs radikalst zu trennen. Und was sagt uns das alles heute? Nach dem ganzen, endlich passierten Suicide-Hype der letzten Jahre eigentlich nichts, was nicht schon irgendwie und sowieso (auch im skug) nachzulesen war. Aber da »meine« Generation, sofern sie über Musik schreibt, in letzter Zeit gegenüber dem Nachwuchs immer gönnerhafter wird , sei hier noch erwähnt, dass »Half Alive« der heutigen »Jugend« immer noch wichtige Impulse geben könnte. Hört Euch nur die Velvet Underground-Radikalminimalisierung »Sister Ray Says« an (daraus haben später Spacemen 3 mindestens 3 Songs gebastelt) oder die beste Iggy/Stooges-Weiterspinnung ever (»Cool As Ice«). Nicht zu vergessen das herzergreifende »Dreams«! Ach, so, Velvet Underground, Iggy Pop, Stooges, Spacemen 3 schon mal gehört, aber eigentlich so wichtig wie ein Reissack in China. Macht nix. Aber wisst ihr eigentlich, was allein der Flügelschlag eines Schmetterlings laut Chaostheorie so alles global anstellen kann (Unwetterkatastrophen, Klimaänderungen, Pickel am ganzen Körper)? Und so ein Reissack in China ist ja bekanntlich um einiges größer und macht auch mehr »Bumbs« wenn er hinfällt. Außerdem hat mir schon damals mein guter Onkel Harald in Hülsen im »Sounds« gesagt, dass es »noch nie eine wärmere Verbindung in einem Eiswürfel-Käfig als die zwischen Rev (das war der Keyboarder & Drum-Maschinist, Anm.) und Vega« überhaupt gegeben hat. Das ist doch schon was und wie ich es von einem guten Onkel empfangen habe, so gebe ich es jetzt an Euch, liebe jungen skug-LeserInnen, weiter. Nach zehn Jahren im und für skug wohl die mindeste Geste.

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Text
Didi Neidhart

Veröffentlichung
30.09.2000

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