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Akira Sakata & Chikamorachi feat. Masahiko Satoh

»Proton Pump«

Family Vineyard

Im Free-Jazz-Wald, in welchem Live-Alben derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen, ist »Proton Pump« von Akira Sakata, Chikamorachi und Masahiko Satoh ein ganz besonderer. Vielleicht ist er mit der Stellung der Herbsttrompete (Craterellus cornucopioides) in der Welt der Pilze vergleichbar. Dieser auch Totentrompete oder Schwarzes Füllhorn genannte Pilz ist ein vom Namen und Aussehen eher abschreckender, aber unter Kennern doch als sehr schmackhaft bezeichneter Speisepilz. Aber wie es bei Pilzen nun einmal so ist, muss man sie erst einmal finden und erkennen. Geht man beim Jazz als unwissende Person »in die Pilze« (so nennt sich die Pilzsuche unter Mykologen), kann man schnell einmal danebenfassen und äußerst Ungenießbares oder zumindest eher fad Schmeckendes abgreifen. Von solchen Pilzen lässt man dann lieber die Finger.

Anders ist es bei besagtem Album der Formation um Sakata. Der Albumtitel, »Proton Pump« und auch die Tracknamen sind sicherlich der Feder des Teilzeit-Meeresbiologen Sakata entsprungen. Es geht wohl um Zellbiologie. Spannend! Doch womit genau haben wir es hier zu tun? Schon mit »Friendly Pants« (Akira Sakata & Chikamorachi) von 2009 hat die Truppe um Sakata sich einen Namen gemacht. Chikamorachi bedeutet Chris Corsano am Schlagzeug und Darin Gray am Bass. Und für das aktuelle Album haben sie sich noch den Pianisten und Komponisten Masahiko Sato hinzugeholt. Der ist eh auch genügend bekannt. Was passiert dabei dann? Es gibt zirka 45 Minuten Geballer, ein hämmerndes Klavier und das gewohnt brillante, saubere, aber stets spannende und äußerst wilde, kreative Spiel von Sakata, der um sein Leben bläst, wenn er nicht den für ihn typischen, vom No-Theater inspirierten Sprechgesang sprechsingt. Und Chris Corsano, der dem Ganzen noch ein Pfund Gewalt hinzufügt, fertig. Was unterscheidet diese von anderen Aufnahmen? Vielleicht der Einfluss Satohs? Die Songs scheinen gut durchkomponiert, man hat die für dieses Genre eher unüblichen »wiedererkennbaren Melodien« hier und da, die Improvisationen machen Spaß und ermüden nicht, es ist ein amüsantes Krachspektakel. Und vor allem: Es passt alles zusammen, sie spielen nicht gegeneinander, die guten Vibes des Konzertes konnten (obwohl die Songs oft etwas abrupt enden und der Applaus abgeschnitten scheint) eingefangen werden. Das ist doch was.

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