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Trio 3 & Vijay Iyer

»Wiring«

Intakt

Was habe ich schon gemeckert über Jazz-CDs, die sich irgendeine Epoche seit den 1960ern herausgepickt haben, um in fröhlicher Wiedergängerschaft alte Hüte mit neuer Virtuosität zu füllen. Natürlich hört man es gerne, wenn es wie aus einem Guss klingt, fresh and tight, aber wie öd ist es, wenn es zu angewandter Klassikerpflege verkommt. Ein schmaler Grad ist das, der allerdings doch eine deutliche Spur breiter wird, wenn es kompetente Meister ihres Faches sind, die sich diesen alten Hüten widmen. Das Trio 3 vereint die Talente von Oliver Lake, spätestens seit dem World Saxophon Quartett im Jazz wohl bekannt, Reggie Workman, ebenfalls ein großartiger Bassist, der sogar noch mit Art Blakey, John Coltrane oder Eric Dolphy gespielt hat, und Andrew Cyrille. Diesen Herrn wiederum kennt man aus der Zusammenarbeit mit Cecil Taylor. Na, Bumm, das nennt man geballte Jazzkompetenz. Als Trio 3 sind die drei Herren gar nicht selbstgenügsam, sondern holen sich stets noch einen Gastmusiker an Bord, nach Iréne Schweizer, Geri Allen und Jason Moran ist das dieses Mal der Pianist Vijay Iyers. Das ergibt ein meeting of the spirits, das sich gewaschen hat. Fetzt der Opener »The Prowl« noch superfunky weg, wird es gleich darauf wahnsinnig offen, wahnsinnig frei auch, im treibenden und expressiven Sinne, um schließlich sehr innerlich und verhalten zu werden oder sich zwischendurch klassische Jazzsounds und -phrasierungen lässig wie einen Morgenmantel anzuziehen, damit ein bisschen durch den Track zu swingen, und ihn dann wieder in die Ecke zu pfeffern. Es ist diese lässige Kompetenz, mit hier alles ganz locker heruntergespielt wird, als würde man durch eine Enzyklopädie blättern, die man ohnehin auswendig kennt, die hier alles entscheidet. So geil ist Jazz, wenn er von Typen gespielt wird, die ihn ganz einfach im Blut haben. Sechs von fünf Sternen.

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