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Sonische Biologie zwischen Ameisenschwärmen und Doppelhelix

Einmal mehr lotet Francisco López auf der CD/DVD »köllt/kulu« die Naheverhältnisse zwischen Konkret und Abstrakt, zwischen Fieldrecordings und Processing aus. »kulu« ist praktisch paradigmatisch für den spanischen Klangforscher: Eine gut 40-minütige Exkursion, bei der man das Sirren des Regenwaldes, das Rauschen von Insekten und maschinengenerierte Musik vernimmt, diese Audiohalluzinationen sich gegenseitig auslöschen, Zuordnungen obsolet machen und das Kopfkino rotieren lassen. Ganz anders dagegen »köllt«, mein derzeitiger Lieblingstrack überhaupt. Da kracht, rauscht und donnert es von vermeintlichen Schlagzeugen, dass jedem Black-Metal-Fan die Haare zu Berge stehen. Im Video zu »köllt« wuseln wildgewordene Ameisenschwärme umher, so muss es sich anhören, wenn man als mikroskopische Einheit durch einen Ameisenbau geschleust wird. Und dann, auch wieder typisch López, eine Art akustische Inversion, bei der sich der Sound in sich selbst hineinsaugt; jener destabilisierende Effekt, den David Lynch immer wieder gerne verwendet. Selten war López‘ sonische Biologie so präzise, unbequem und fordernd wie auf dieser CD. Die Videos von Jorge Simonet bilden dazu eine adäquate visuelle Entsprechung. Die Compilation »A Tasty Swarm of Tiny Signals« kam durch die Gründung des Experimental Music Sound Archive im spanischen Murcia zustande, für das López sein eigenes Audiomaterial und das aus seinem weitverzweigten Netzwerk zusammengetragen hat. Für das in Barcelona beheimatete Label Störung hat López eine DVD mit Tracks organisiert, für die James Webb, Lawrence English, Asmus Tietchens, Louis Dufort, Alan Courtis, Karkowski und López 91 Stücke zu jeweils zwei Minuten komponiert haben. In gut drei Stunden Dauer geht es auf »A Tasty Swarm« mikroskopisch in die unterschiedlichsten Grundstrukturen von Sound, eine Bloßlegung seiner DNA. Diese Serie an Mikrokompositionen markiert den Beginn eines Austauschs zwischen internationalen Musikern und dem Archiv in Murcia, das im »Puertas de Castilla«-Kulturzentrum untergebracht ist. — Das wäre ungefähr so, als wenn die Stadt Wien das Archiv des unlängst verstorbenen Supermax aufkauft, um im Museumsquartier ein Forschungsdepartment für Klangkunst zu installieren. Besorgen Sie sich diese beiden Veröffentlichungen, und Sie werden längerfristig nichts anderes mehr brauchen. »köllt/kulu« und »A Tasty Swarm« definieren 2011 den Status quo der Soundart.

Einmal mehr lotet Francisco López auf der CD/DVD »köllt/kulu« die Naheverhältnisse zwischen Konkret und Abstrakt, zwischen Fieldrecordings und Processing aus. »kulu« ist praktisch paradigmatisch für den spanischen Klangforscher: Eine gut 40-minütige Exkursion, bei der man das Sirren des Regenwaldes, das Rauschen von Insekten und maschinengenerierte Musik vernimmt, diese Audiohalluzinationen sich gegenseitig auslöschen, Zuordnungen obsolet machen und das Kopfkino rotieren lassen. Ganz anders dagegen »köllt«, mein derzeitiger Lieblingstrack überhaupt. Da kracht, rauscht und donnert es von vermeintlichen Schlagzeugen, dass jedem Black-Metal-Fan die Haare zu Berge stehen. Im Video zu »köllt« wuseln wildgewordene Ameisenschwärme umher, so muss es sich anhören, wenn man als mikroskopische Einheit durch einen Ameisenbau geschleust wird. Und dann, auch wieder typisch López, eine Art akustische Inversion, bei der sich der Sound in sich selbst hineinsaugt; jener destabilisierende Effekt, den David Lynch immer wieder gerne verwendet. Selten war López‘ sonische Biologie so präzise, unbequem und fordernd wie auf dieser CD. Die Videos von Jorge Simonet bilden dazu eine adäquate visuelle Entsprechung.

str008.jpgDie Compilation »A Tasty Swarm of Tiny Signals« kam durch die Gründung des Experimental Music Sound Archive im spanischen Murcia zustande, für das López sein eigenes Audiomaterial und das aus seinem weitverzweigten Netzwerk zusammengetragen hat. Für das in Barcelona beheimatete Label Störung hat López eine DVD mit Tracks organisiert, für die James Webb, Lawrence English, Asmus Tietchens, Louis Dufort, Alan Courtis, Karkowski und López 91 Stücke zu jeweils zwei Minuten komponiert haben. In gut drei Stunden Dauer geht es auf »A Tasty Swarm« mikroskopisch in die unterschiedlichsten Grundstrukturen von Sound, eine Bloßlegung seiner DNA. Diese Serie an Mikrokompositionen markiert den Beginn eines Austauschs zwischen internationalen Musikern und dem Archiv in Murcia, das im »Puertas de Castilla«-Kulturzentrum untergebracht ist. — Das wäre ungefähr so, als wenn die Stadt Wien das Archiv des unlängst verstorbenen Supermax aufkauft, um im Museumsquartier ein Forschungsdepartment für Klangkunst zu installieren.

Besorgen Sie sich diese beiden Veröffentlichungen, und Sie werden längerfristig nichts anderes mehr brauchen. »köllt/kulu« und »A Tasty Swarm« definieren 2011 den Status quo der Soundart.

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