© Haras Ananas
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Die Festung in mir

Das Jahresprogramm des Forum Stadtpark in Graz widmet sich heuer ganz dem Thema der Ohnmacht und sucht nach Perspektiven, um dieser zu entkommen.

»Festung Ohnmacht« – so lautet der Titel des diesjährigen Schwerpunkts im Forum Stadtpark, dem kulturellen Mehrspartenhaus im Zentrum vom Graz. Während sich die Mehrzahl kultureller Institutionen meist auch programmatisch über prominente Leitungspersönlichkeiten definieren, setzt das Forum Stadtpark dazu bewusst einen Kontrapunkt: Neben dem Leitungsteam (Markus Gönitzer, Robin Klengel und Miriam Schmid) zeichnen sieben Spartenkurator*innen von Bildender Kunst bis hin zu Stadt & Raum und ein ebenfalls dreiköpfiges Musikteam für die Inhalte des Jahresprogramms verantwortlich. Während dieses Team der Welt die Zunahme gesellschaftlicher Ohnmacht konstatiert, versteht sich die exekutive Vielfalt als ein Versuch, die Handlungsmacht an sich zu reißen und zu demokratisieren. Somit findet sich bereits auf dieser Ebene ein struktureller Gegenentwurf zum süßen Versprechen der Überwindung von Ohnmacht durch eine starke, üblicherweise männliche Führungspersönlichkeit.

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Im heurigen Jahr wird das Forum Stadtpark also keineswegs zur »Festung Ohnmacht«, man schickt sich vielmehr an, diese niederzuringen. Direkt ans Eingemachte geht es bereits zur Eröffnung am Samstag, dem 15. April 2023 mit einer »Konferenz für Ohnmacht«. Zu Gast sind unter anderem die in Kanada lebende Kulturwissenschaftlerin Ann Cvetckovic mit einem Vortrag zum Thema »Ohnmacht, a public feeling«, der Politikwissenschaftler Benjamin Opratko aus Wien sowie der Gestalttherapeut, Supervisor und Klimaaktivist Norbert Prinz aus Leipzig. Danach folgt ein Auftritt von Brezel Göring, der mit »Psychoanalyse Vol. 2« sein erstes Soloalbum nach dem frühen Tod seiner Lebens- und Musikpartnerin Françoise Cactus (Stereo Total) präsentiert. Als DJs werken zudem Nilu, Sowie und Berry Hash – aller Ohnmacht zum Trotz.

Wenn am Freitag, dem 21. April die Ausstellung REELREELREELREAL eröffnet, werden die Potenziale weltumspannender Netzwerke wider die Ohnmacht ausgelotet und das Forum Stadtpark verwandelt sich bei Dunkelheit in ein Panoptikum zwischen Kunst und Aktivismus. Unter den Arbeiten finden sich Videoinstallationen eines kongolesischen Kollektivs, dessen Mitglieder im Zuge eines afrofuturistischen Karnevals zu realen Umweltaktivist*innen mutieren, aber auch vier Positionen junger Fotografinnen aus Graz, deren Arbeiten sich den Zusammenhängen von Klimakrise und Depression, aber auch dem Spannungsfeld von Technologie, Privatsphäre und Pornografie widmen. Der syrische Fotograf Issa Touma geht hingegen in »9 Days: From My Window in Aleppo« der Frage nach, wie der Krieg das Leben verändert (bis 21. Mai).

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Am Donnerstag, dem 15. Juni eröffnen Elke Auer und Yorgia Karidi mit einer gemeinsamen Performance die Ausstellung »Leaking Vessels«. Ausgehend von Anne Carsons Essay »The Gender of Sound« begibt sich Elke Auer auf die Suche nach egalitären Gesellschaften in einer Zeit vor dem Patriarchat und stößt dabei auf die jungsteinzeitlichen Keramikfiguren, die von der litauischen Archäologin Marija Gimbutienė einem matrilinearen »Alteuropa« zugeordnet werden und damit gängige Geschlechterverhältnisse grundlegend infrage stellen. Als Konsequenz dekonstruiert die in Wien lebende Künstlerin in ihren Zeichnungen, Collagen und Skulpturen die Misogynie, welche den Zuschreibungen ihrer leckenden Gefäße innewohnt (bis 14. Juli).

Daneben stehen verschiedene Workshops (24. Mai: »Das ist der erste Schritt, in die richtige Richtung – a poetic mapping«, 14. Oktober: »Zwangsräumungen. Macht & Ohnmacht der Akteur:innen«), Vorträge (2. Juni: »Patriarchat und Ohnmacht«, 13. Oktober: »Wohnen und Ohnmacht«, 16. November: »Klima und Ohnmacht«) und eine Zeitschriftenpräsentation (29. Juni: »manuskripte 240: Ohnmacht«) auf dem Programm, bevor am 17. November die abschließende Ausstellung und Installation mit dem Titel »No Hope – No Fear« einen hoffnungsfrohen Abschluss verspricht (bis Jänner 2024).

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Link: https://forumstadtpark.at 

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