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Comunidad Internacional #2

Una Otra Visión de Cuba

Kürzlich war ich wieder einmal in Kuba. Freunde besuchen, herumfahren, Musik hören … An erster Stelle Dank an die Freunde für die Informationen, auch die Musik betreffend. Ich bin also mit zirka 50 neuen Tonträgern zurückgekommen, 90 Prozent davon Cuban Salsa & Timba aus den letzten drei Jahren, womit die Lücke seit meinem letzten Besuch im Frühjahr 2001 halbwegs geschlossen wäre.
Swing
Am 21. und 22. Mai im Wiener Porgy & Bess: David Murray mit seiner Bigband, die, wie er feststellte, keine Latin-, sondern eine Cuban Big Band ist und mit der er in den Egrem-Studios in Havanna aufgenommen hatte (wie die meisten hier besprochenen Bands). Die Band: Piano, Bass, ein fantastischer 22-jähriger Drummer, Percussion, der Rest: zehn Horns – und »el jefe«, der nur selten zum Saxofon griff, dann aber umso nachdrücklicher sein Können unter Beweis stellte. Fazit: Nichts swingt wie ein kubanisches Orchester. Moderne kubanische »Salsa«-Orchester haben meist 12 bis 16 Spieler, z.B. neben Stehbass und Keys vier Sänger (die auch noch mit irgendwas schütteln, rütteln, scharren), vier »Percussionisten«, vier Bläser – und den Bandleader, der z.B. Flöte spielt. Wie Juan José Cortez, den wir live im Tetro Nacional mit seinen NG La Banda sahen, enttäuschend insgesamt. Gutmeinende sagen, er befinde sich zurzeit eben in einer Experimentierphase, Böswillige, er mache zu viel Spektakel, zu viel Disco, zu viel werde in Englisch gesungen, was tatsächlich nie ein gutes Zeichen ist. Seine relativ jungen Sängerinnen sind gut, aber es fehlt ihnen noch an Persönlichkeit. Die Band schien mit dem Repertoire (»Chan Chan« & Co) unterfordert … Warten wir die nächste CD ab.
Aktuelle Lieblingsalben
Nicht wenige Latin-Aficionados kürten »Para Bailar Casino« von Adalberto Alvarez zu ihrem Favoriten. Ein großartiges Album, auf dem Alvarez y su Son alle Facetten des Genres von Latin-Lover über Bolero und Flamenco bis Timba, von Kuba über Miami bis New York spielen – und trotzdem immer tief in Kuba verwurzelt bleiben; ein weltgewandtes Album, in allen Details grandios und elegant umgesetzt. Dennoch, es gibt eine Hand voll anderer aktueller CDs von Top-Bands, die ebenfalls den Titelanspruch erheben:
Ricardo Leyva y Sur Caribe kommen aus dem »schwarzen« Südosten des Landes, aus Santiago de Cuba. Ihre Spielweise ist nahe den Wurzeln der afro-kubanischen Musik (Rumba und Son), ihr Stil ist jedoch »state of the art«, tempomäßig Timba. (Timba klingt wie hochgefahrener Cuban Salsa, ist jedoch genealogisch ein Abkömmling der Rumba, beeinflusst von anderen karibischen Stilen wie Soca, Merengue oder Reggae.) Wie schon das leichtfüßigere »Con Tó« (2001) ist auch das aktuelle »Caminando« eine Fusion mit karibischen Latin-Stilen wie Bachata, Cumbia oder Merengue. Querverbindungen gibt es auch via Sängern zu Los Van Van und NG La Banda. »Tu negro está sufriendo« mit dem Los-Van-Van-Sänger Roberto Hernández oder »Tu caramelo soy yo« mit der NGLB-Sängerin Yenny Valdéz und dem Rapper Candyman sind zwei besonders herausragende Beispiele für eine Band, die über bald zwei Jahrzehnte zu einem einzigartigen Stil gefunden hat und jetzt verdientermaßen die Früchte ernten wird. César »Pupy« Pedroso war lange Jahre Pianist und Arrangeur für Los Van Van, wo er sich – scheint’s – gelegentlich von Bandleader Juan Formell absetzen muss. Gerade hat er – zum dritten Mal seit 1995 – ein eigenes Album herausgebracht. Wie Los Van Van, deren Live-Album »En el Malecon de la Habana« hier ebenfalls empfohlen sei, sind Pupy y los Que Son Son eine Non-Stop-Powershow in Sachen Cuban Salsa & Timba. Beim Hören von »Que cosas tiene la vida« erhebt sich höchstens die Frage, wie die Band diese Tour de force ohne Durchhänger bewältigt. Ein Klasse für sich und zurzeit ganz oben in der Gunst der Kubaner sind Manolito y su Trabuco, die mit »Locos por mi Habana« soeben ihr vielleicht bestes Album veröffentlichten. Manolito gelingt dabei das Kunststück, diffizil arrangierte, jazzige Salsa und hitverdächtige Melodien unter einen Hut zu bringen. Das Geheimnis dahinter: die swingendste, funkigste Band Kubas, in der die Bläser – wie bei allen anderen besprochenen Orchestern – einen ganz wesentlichen Part erfüllen. Trotz solcher Klasse bleibt mein Favorit David Calzado. Auch mit dem neuen Album »Soy Cubano, soy popular« bleibt er für mich der offenste und zugleich kubanischste aller Bandleader. Er hat die feinsten, am besten exekutierten Rhythmen (inkl. der elegantesten Wechsel); er ist der, der – wenn auch dezent – die meisten karibische Stile intergriert. Keiner kann wie er und seine Band Druck machen, auch wenn sie Tempo wegnehmen – ein Zauberer. Und Calzado ist Timba wie kein Zweiter.
Novedades y Noticias
Dayron (y el Boom) ist ein Newcomer und doch keiner: Als TV-Kinderstar ist er den Kubanern lange bekannt. Nun steigt er ins große Timba-Business ein. Mit »Mi Tumbao« hat er auch ein rundum perfektes Album gemacht, das kaum eine Verschnaufpause zwischen den einzelnen, zumeist Up-tempo-Tracks lässt, die häufig die Grenzen in andere karibische Regionen überschreiten. Das Ganze mag teilweise noch ein bisschen unausgereift klingen, die hörbaren Vorbilder ein wenig auf ein publikumsfreundliches Niveau stutzen – man kann darauf dann aber (wie einst auf DLG) doch nicht verzichten, zu schön geht das alles von Anfang bis Ende rein. Auch Rojitas, einst Star-Sänger bei Adalberto Alvarez (er sang einige seiner größten Hits, aber das ist ein Jahrzehnt her), hat mit »Tierra Santa« wieder ein sehr schönes populäres Album aufgenommen, das weit in Richtung All-inclusive-Caribbean-Pop geht, mit eingestreuten englischen Phrasen und griffigen Calypso-Soca-Bläsern. Mein einziges »Problem« dabei: dass dieser Merengue-Salsa-Verschnitt oft weder Fisch noch Fleisch ist – eine etwas akademische Frage, die sich beim Hören an Kubas Stränden allerdings nicht stellt. Erwähnung muss an dieser Stelle noch ein neuer Stil finden, der, von Puerto Rico ausgehend, auch Kuba erobert hat und ohne den diese kubanische Exkursion unvollständig wäre: Nicht nur die Jugend der Insel hört zurzeit Reggaeton (Reggaetown). Der von den meisten »seriösen« Kritikern nicht gerade hoch geschätzte allgegenwärtige Latin-Dancehall-Verschnitt läuft überall, live, in Discos, vom Band vor und nach Salsa-Konzerten; man tanzt dazu eine Art trinidadisches »Wining«. HipHop-Beats, elektronische Drums, unterlegt von erprobten Dancehall-Riddims (wie dem »Stalag-Riddim«), darüber Latin-Vocals mit zumeist sexuell-anstößigen Texten ergeben eine Mischung, zu der auch kritische Kerle nicht still stehen können. Hector y Tito und Tego Calderon sind zwei Acts, die mir Freunde ohne Titel und Credits aufnahmen und die ich soweit ohne schlechtes Gewissen weiterempfehlen kann.
Arnaldo (Roriguez) y su Talisman haben ein schönes poppiges Debüt (sin titulo) aufgenommen: nach dem witzigen ersten Track »Acelera’o«, der sich nach einem groovenden Bluesgitarren-Intro und einem Car Crash in eine Salsa verwandelt, viele karibikübergreifende Songs, mit beherzten Background-Sängerinnen, vermutlich die Chicas von Azucar, für die Rodriguez komponiert und arrangiert. Und eben diese Azucar (nicht zu verwechseln mit Azucar Negra) empfehle ich all jenen, die die Salsa gern poppig aufgelockert und trotzdem nicht verwässert haben. Ein Grenzgang, sicher, aber auf der richtigen Seite, sogar die »Pop Version« des Titelsongs »Lapiz de Labio«. Besagte Azucar Negra und ihr musikalischer Direktor Leonel Limonta (Timba-Kraft hinter den leider nicht mehr existenten Bamboleo und Hitschreiber für Stars wie Isaac Delgado oder Charanga Habanera) haben mit »Sin Mirar Atrás« wieder ein tadelloses Album veröffentlicht, das zwar keinen Megahit, anderseits aber auch keinen seichten Song enthält – solide Arbeit. So auch Paulito FG, der mit »Te Deseo Suerte« ein streckenweise etwas weiches (nicht seichtes) Album veröffentlicht hat, dem ein bisschen die Ecken und Kanten fehlen, das ganz
Kuba nichtsdestotrotz zu lieben scheint.
Zwei durchaus berechtigte Sorgen tauchten in Interviews mit kubanischen Musikschaffenden letzthin gelegentlich auf: erstens die relativ hohe Abwanderungsrate von Spitzenmusikern in die USA, nach Frankreich oder Lateinamerika; zweitens jene des talentierten Nachwuchses in die touristische Folklore à la Buena Vista Social Club, um schnelle Kohle zu machen … Letzte Saison noch Shooting Star Kubas, heute schon mit Wohnsitz in Miami: Carlos Manuel. Wir hoffen, dass er dort nicht mit den falschen Freunden abhängt und uns bald ein wirklich großes Album beschert, das noch immer ausständig ist. Seine Band macht unter El Clan in Kuba weiter, hat aber bis dato keinen Sänger gefunden, den die Kubaner ihrer würdig erachten würden. Abwarten. Quasi ein umgekehrtes Schicksal ereilte Juan Carlos Alfonso, Boss von Dan Den, eine kubanische Institution seit zwei Jahrzehnten. Auf Tourneen in Mexiko und Kolumbien sprang ihm (wie man mir erzählte) ein Großteil der Band ab, jetzt arbeitet er mit neuen Musikern, weshalb mich kubanische Musik-Fans vor einer möglichen Konzertenttäuschung warnten. Aber sein neues Album, »Dale Campana«, machte mich neugierig. Zehn Songs, großteils hervorragend umgesetzt, »Salsa Cubana« New York Style inkl. der paar unvermeidlichen Synthie-Spuren.Hasta luego!

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