514401.jpg

Throbbing Gristle – De-Industrialisiert:

Da ist keine Disco nicht hier!

Unlängst sind »TG+« und »Mutant TG« bei Mute bzw. Novamute (EMI) herausgekommen. Das zu einem Zeitpunkt, als man sich vor Throbbing-Gristle-Re-Releases gar nicht mehr aussah, man denke nur an das »24 Hours Boxset«. Gut ein Jahr später schieben Genesis P-Orridge, Cosey Fanni Tutti, Peter Christopherson und Chris Carter mit »TG+« zehn weitere CDs nach, schon wieder nur alte Aufnahmen. Und im Mai ist »The Taste of TG: A Beginner’s Guide to the Music of Throbbing Gristle« (Mute) erschienen. Dazu bietet sich an, die »Greatest Hits«-Sammlung wieder mal aus der Plattenkiste zu fischen. Der Unterschied ist, dass das »Beginner’s«-Album »sichtbar« as hell ist. Wie geht das zusammen, dass TG heuer eine wahre Sturzflut an Veröffentlichungen losgelassen haben und ihr für Mitte Mai geplantes Riesen-Festival nach ca. 1600 Kartenverkäufen dann doch abgesagt und auf nächstes Jahr verschoben werden musste? Gibt es ein Missverständnis zwischen dem was das Label will und den Käufern? Beispiel »TG+«: Bei aller Liebe ist das eine VÜ, die allein nerdige Komplettisten anlocken kann. Ausstaffiert mit absichtlich trashigem Artwork und dafür umso feineren Gadgets, unterliegt diese 10-CD-Box dem klassischen Fehler, anzunehmen, dass Vorenthalten von Informationen am Cover einer Desinformation gleich kommt. Trotz »klassischer« Live-Aufnahmen bleibt »TG+« leider leer. »Mutant TG« spielt auch mit (Un-)Sichtbarkeiten, die als mehr oder weniger probate Roots-Forschung im DJ-Format daherkommen. TGs »Death Disco« bei der Blutwäsche. Man bleibt sich selbst ziemlich treu, die besten Tracks sind – was Wunder – von Cosey/Carter (sie beweisen beim hauseigenen »Hot Heels United«-Bastard-Pop-Mix als einzige so etwas wie Aktualität). Aber gemessen an dem, was DJ Hell bereits 1994 auf seiner (übrigens gerade wiederveröffentlichten) »Geteert& Gefedert«-Disko B-LP – noch dazu im diskursiv höchst wertvollen Naheverhältnis von »I Feel Love« – vorgelegt hatte, scheitern hier selbst Remixer und TG-Fans wie Carl Craig an der geschichtslosen Unterordnung unter das oberflächlich-plakative Techno-Beat-Diktat. Kurz: »Mutant TG« meint »De-Industrialized TG«, ist harmlos, ungefährlich und null sexy. Was brauchen wir solche Remixe, wenn die »Originale« immer noch bei jeder Party reinknallen wie Sau. »We Need Some More Discipline In Here!«
Bezüglich den »Hinterbliebenen« von TG ist indes Einiges im Gange. Dranbleiben, skug lesen.

Home / Musik / Review Collection

Text
Didi Neidhart, Heinrich Deisl

Veröffentlichung
29.06.2004

Schlagwörter

favicon

Unterstütze uns mit deiner Spende

skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!

Ähnliche Beiträge

Nach oben scrollen