Die 1971 im niedersächsischen Worpswede gegründeten Künstlerhäuser sind eine Stipendiatenstätte, die bisher von mehr als 400 MusikerInnen und KünstlerInnen genutzt wurde. Als Einstieg in das vielschichtige Worpsweder Klanguniversum bietet sich »Worpsbest. A Fine Selection Of Contemporary Music« an, eine vom Künstlerhäuser-Leiter Bernd Milla zusammengestellte Compilation, auf der Burkhard Beins, Torben Tilly oder das Art Critics Ensemble tief in die endlosen Weiten zwischen Improvisation, Jazz und Klangkunst eintauchen. Der Leistungsschau hört man eine charmante Mischkulanz aus jugendlicher Unbekümmertheit und arriviertem Spieltalent an, was »Worpsbest« zu einer reichhaltigen Entdeckungsreise macht.
Mit »Hier und da. Klangkompositionen« hat ANTJE VOWINCKEL ein radiophones Werk abgeliefert, das sich recht stringent an den interdisziplinären Herangehensweisen Worpswedes reibt. Korg-Synthesizer, Stimmensamples, Klarinetten, aber auch konkrete Quellen wie Lautsprechermembran und ein Luftballon werden zu vier Stücken destilliert, die zwar einer spannenden Dramaturgie folgen, aber zu sehr in einem »klassischen« Tape-Music-Kanon verhaftet bleiben. Dafür ist ihre Herausarbeitung der musikalischen Qualitäten des gesprochenen Worts ziemlich beeindruckend.
In seiner extremen Reduktion auf dröhnende Wellen kommt BURKHARD BEINS‘ »Structural Drift« als eine CD daher, die auch von Nonvisualobjects veröffentlicht hätte werden können. Man denke an Phill Niblock und ähnliche Drone-Minimalisten, eine mit Propellern malträtierte Zither, Analogsynthesizer und Krimskrams-Instrumente evozieren genau das, was die »Drift 1-3« betitelten Stücke erahnen lassen: Driften.
Etwas aus der Reihe schlagen UNCLE WOODY SULLENDER mit »LiveAt Barkenhoff« und die Nummer »Still Life« auf der EP »Still Life With Black Light« von FULL FUCKING MOON, wo popgeerdeten Folkavancen breiter Raum gegeben wird. »Live« könnte sowohl eine Session arabischer Musik sein oder aus dem Canterbury-Sound stammen, ein von Zeitparadigmen losgelöster Fluss aus Gitarre und reduzierter Elektronik. »Still Life« lässt mich wegen der langgezogenen Orgelpassagen und der verhallenden Vocals an eine satte Psychedelic-Nummer von damals denken. Die beiden anderen EP-Tracks geben sich dagegen mit recht bekannten Elektronikexperimenten zufrieden.
Und weil das alles nicht nur künstlerisch wertvoll ist, gibt’s mit dem Brevier »Auscultation« von TISHA MUKARJI theoretische ?berlegungen zu aktueller Musik dazu. Von ähnlich ungestümer Leidenschaft wie unlängst Goodiepals »Radical Computer Music« verhandelt Mukarji unterschiedliche Positionen zu Sound, Komposition und dem Sonischen.
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