Der Italiener Alessandro Bosetti hat erst vor kurzem eine etwas schrille CD veröffentlicht, »Der italienische Manierismus«. Schon dort war nicht ganz klar, wie sehr sich dieser umtriebige Komponist und Elektroneutöner selbst ernst nimmt, ob hier Kunst und Ironie, Zitat und Verfremdung noch zu trennen sind. Auf »We who had left« hat sich Bosetti mit dem Pianisten Chris Abrahams zusammen getan und das Resultat ist ähnlich Verwirrung stiftend. Wir hören elektroakustisch verfremdete Klavierstücke, oft mit einem Hang zur Minimal Music, dann wieder sphärisch-schwebend (der wunderschöne Track No. 5) oder in eine Art Minihörspiel abbiegend. Und am Ende, auf »Waltz for Debby«, dem Bill Evans-Klassiker, spielt Abrahams beinahe werkgetreu, während Bosetti mit der Attitüde eines sterbenden Schwans singt, äh, krächzt. Eine ähnliche Schurkerei hat Bosetti übrigens schon einmal geliefert, beim eher durchwachsenen »Become Objects Of Daily Use«. Die Nicht-Zuordenbarkeit ist hier insgesamt aber durchaus der Schlüssel zum Genuss. Auch wenn die einzelnen Titel nicht wirklich das Rad neu erfinden, insgesamt wächst einem dieses verquere, ein wenig manierierte Stück Elektroakustik durchaus ans Herz. Ein Geheimtipp.

Alessandro Bosetti
»We Who Had Left«
Mikroton Recordings

Text
Curt Cuisine
Veröffentlichung
28.06.2013
Schlagwörter
Alessandro Bosetti
Chris Abrahams
Mikroton Recordings