CocoRosie © CocoRosie
CocoRosie © CocoRosie

Sisters im Rampenlicht

Das gemeinnützige Netzwerk Sisters of Music bringt am 7. Juli 2023 für ein Arena Open Air internationale und österreichische Frauen-Acts von CocoRosie bis Dives auf die Bühne – beim erstmals stattfindenden Sisters Festival.

»Frauen Bands gibt es mittlerweile Tausende«, sagt Festival-Produktionsleiterin und Tour- bzw. Stage-Managerin Karin Tonsern, die dem gemeinen Vorwand, es gäbe keine Musikerinnen zu buchen, entgegentritt. »Ich habe urviele angeschrieben, aber die meisten waren schon gebucht.« Ist es in Post-Gender-Zeiten nicht etwas altmodisch, ein Frauen-Festival zu veranstalten? »Jein«, antwortet die in Linz gelernte Meisterin der Veranstaltungstechnik. »Wir sollten eigentlich nicht mehr darüber sprechen müssen, aber es ist immer noch notwendig, Sichtbarkeit zu erzeugen.« 

Amy Montgomery © Graham Noble

Kaum zu glauben, dass die Veröffentlichung der Triple-CD »Girl Monster« auf Chicks on Speed Records bald auch schon wieder zwanzig Jahre her ist. Darauf fanden sich unter anderem ein Song von Cherry Sunkist oder Gustavs »We shall overcome«. Wer noch in der Ägidigasse die legendäre Wiener Frauenpunkband Potschemu mit Olga am Schlagzeug oder die Nachfolgepartie Piranhas mit Susi Sorglos gesehen hat, weiß, dass Sisters of Music hierzulande an eine lange Tradition anknüpfen können. Was wurde aus Norah Noizzze oder Petra und der Wolf? Wer erinnert sich an die Mädchenpunkband Bloody Mary, die auch in Theaterstücken von Lily Axster auftrat? Was wurde aus den Mädchenbands, die sich alljährlich nach einem Pink Noise Camp (früher Girls Rock Camp) mit Workshops zusammenfanden?

Dives © Martina Lajczak

Solidarische Sisterhood

Karin Tonsen studierte Jazzgesang, war aber selber nie musikalisch tätig, wie sie sagt. So geht es leider manchen Musikerinnen, die keine Band finden. Doch auch mit eigener Band ist es nicht immer leicht. Es ist zu hoffen, dass heutige Frauenbands nicht mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wie Die Suffragetten, denen auch die Autorin dieser Zeilen als Schlagzeugerin vor dreißig Jahren angehörte. Der damals 16-jährigen Saxophonistin Sonja schlug der Vater am Abend vor einem Konzert einen Vorderzahn aus. Sie zog in die Krisenintervention. Der Sängerin drohte ihr Freund damit, sie zu verlassen, wenn sie sich noch einmal rücklings auf die Bühne legen würde. »Das bist nicht du«, behauptete er. Doch es gab auch Solidarität. Hannes und Gregor liehen uns ihre Verstärker und ihren Firmenbus für Konzerte und saßen während der Keller-Proben friedlich nebeneinander auf der Waschmaschine. 

Aygyul © Alisa Glknn

Hoffentlich haben Frauenbands heutzutage eine längere Haltbarkeitsdauer als unsere geliebten Suffragetten. Die Situation für Frauen im Musikbusiness hat sich gegenüber damals doch um einiges verbessert. Viele Festivals bemühen sich, einen höheren Frauenanteil ins Programm aufzunehmen, und immer mehr Frauen sind als Musikerinnen, DJs, Producerinnen, Soundtechnikerinnen etc. aktiv. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg bis zur Gleichberechtigung in allen Bereichen der Branche. Deshalb macht es auch nach wie vor Sinn, ein all-female Festival zu veranstalten. Beim Sisters Festival am 7. Juli 2023 in der Wiener Arena stehen nicht nur die Künstlerinnen im Rampenlicht, auch die lokale Crew ist dank Sisters of Music Netzwerk weiblich.

Masha Dabelka Turntablista © Masha Dabelka Turntablista

Zwei echte Schwestern

Female Empowerment wird dabei großgeschrieben, Informationsmöglichkeiten von Feminismus bis Arbeitsrecht werden geboten und eine Fotoausstellung am Festivalgelände würdigt die Pionierinnen der österreichischen Musiklandschaft. Sisterhood ist aber immer auch eine Frage der Solidarität. Deshalb kann durch den Erwerb eines Sister Tickets einer einkommensschwachen Frau der Besuch des Festivals ermöglicht werden. Das klingt ebenso vielversprechend wie das Line-up: Neben den Headlinerinnen CocoRosie (die US-amerikanischen echten Schwestern Sierra und Bianca Casady) stehen auch Amy Montgomery (die als Straßenmusikerin in Belfast begann), Dives aus Wien (die sich auf einem Pink Noise Camp kennenlernten) und Aygyul (angeblich beste Rave-Musikerin der Stadt) auf der Bühne, die Aftershow bestreitet Masha Dabelka Turntablista.

Sisters Festival Flyer © Sisters of Music

Das nächste Pink Noise Camp mit Schwerpunkt Performance und Impro findet übrigens von 6. bis 12. August im Alten Schlachthof Hollabrunn statt. Mädchen, Frauen, trans-, inter* und nicht binäre Personen von 15 bis 21 Jahren mit oder ohne Vorerfahrung können sich dafür anmelden. Ihr Leben wird sich verändern.

Link: https://sistersofmusic.com/

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