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Ursula Rucker

Silver Lead

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Ursula Rucker, feministische Aktivistin, Ikone des Phillie-Sounds, Spoken Word-Poetin und Mutter, schenkt uns nach »Supa Sista«, auf das sich trotz wenig erfolgversprechender Positionierung zwischen Hip Hop, Nu Soul und Lyrik damals Kritik wie Publikum gleichermaßen einigten, mit »Silver Lead« ihr zweites Album. Mit dem Vorgänger schloss sie unbestritten jene große Lücke, die seit dem Abgang von Gil Scott Heron im politisch aktiven HipHop entstanden war. Obwohl die Latte also denkbar hoch lag, ist Rucker jedoch alles andere als gescheitert. Die »Performance« bezieht ihre Dynamik noch immer aus der gelungenen Kombination von warmem, basslastigem Soul und anklagend präzise vorgetragenen Lyrics. Und doch ist »Silver Lead« auf eine nicht unsympathische Weise professioneller, homogener und deshalb auch eingängiger, was auch an den zahlreichen Kollaborationen liegen mag, von denen das Album geprägt ist und die – zumindest was 4 Hero und King Britt anbelangt – nicht neu sind, sondern schon auf »Supa Sista« Früchte trugen. Überaus gelungen ist aber die Zusammenarbeit mit Lil‘ Louie Vega, die uns mit »Release« die wohl eingängigste Melodie des Albums und zugleich einen potentiellen Hit schenkt. Ein derart sparsam akzentuiertes Rhythmuspiano hörte man zuletzt bei Fela Kuti als Konstante dessen ausufernder Afrobeat-Orgien. Großartig auch, wie das Album ausklingt: In »Return To Innocent Lost« erreicht der scheinbar verhaltene Vortrag Ruckers eine nur selten erlebte Intensität. Auf Verbitterung folgt hier Traurigkeit, auf Resignation pure Wut, Dichtung und soziale Realität prallen mit ungeschminkter Härte auf einander. Selten war lyrischer Vortrag direkter. Ein Glücksfall, der sich jedoch nicht über die ganze Albumlänge zieht. Wenn auch die Glücksmomente überwiegen, driften textlicher und musikalischer Anspruch manches Mal doch auseinander und hinterlassen einen im Zwiespalt – ähnlich jenem, in dem sich offenbar auch Rucker selbst befindet: »Will I be a living contradiction or go forth with my mission?« Ein bisschen wohl von beidem, eher aber letzteres, hoffentlich…

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Text
Markus Deisenberger

Veröffentlichung
16.02.2004

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