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Frank Bretschneider

»Rhythm«, »Robotron«

Raster-Noton/Substance

Rhythmus, unendliche Weiten. Frank Bretschneider, einer der Raster-Noton-Köpfe mit VÖs auf 12k oder Mille Plateaux, bringt auf »Rhythm« die Algorithmen zum Tanzen. Ähnlich wie Labelkollege Carsten Nicolai lässt sich Bretschneider auf den Elektronik-Funk aus der Starkstromsteckdose ein. Das elementare Pulsieren der Nullen und Einsen gibt den Takt an, frei von verbrämtem Romantizismus. Rhythmus erweist sich wieder mal als höchst komplexe Angelegenheit, besonders wenn es darum geht, Dancefloor-Funktionalität und Electronica-Soundästhetik rhyzomatisch zu verbinden. Mit Minimal hat das wenig zu tun, eher mit hyperverkörperlichter Groove-Grundlagenforschung für das Digital-Zeitalter. Zwischen Basic-Channel-geerdetem Dub und den für Raster-Noton praktisch stilprägenden, abstrakten Beats lavierend, lässt Bretschneider auf »Rhythm« Krudes außen vor und konzentriert sich auf Stimmungen, die durchaus als Ambient durchgehen. Das musikalische Grundinventar ist überschaubar: ein Groove, durch diverse Effekte geschliffen, ab und an Breaks. Mehr braucht es auch nicht, die bewusste Reduktion schafft Stimulation durch Wiederholung. Der Bassschlag wird zur Arbeitsgrundlage, Snares oder gar HiHats sind fehl am Platz. Dies umso mehr, als der Stille dazwischen ein diskursiv ebenso prominenter Platz eingeräumt wird wie den Beats selbst. Wenn Bretschneider so weiter macht, sollte bald eine Kollaboration mit Rhythm & Sound anstehen.

Die Raster-Noton-Supergroup ist zurück! Labelbetreiber Olaf Bender, Frank Bretschneider und Carsten Nicolai geben sich auf »Robotron« zum zweiten Mal als Signal die Ehre. Vorliegende CD ist eine Compilation von Signal-Tracks von 2001–06. Leider fehlen chronologische Angaben. Indes ist von Anfang an die Sound- und besonders die Beat-Konstellation klar: RN als Gegenentwurf zu technoidem Funk und zu Minimal, knüpft »Robotron« noch am ehesten an frühe Sähkö-VÖs an. Entschlackte Beatkomplexe verlaufen ineinander, dazu jede Menge, wenn auch dezent gehaltenes Feedback-Rauschen. Roboter-Disco? Auch. Klar könnte man sich mit »Robotron« wunderbar an einem Mensch-Maschine-Diskurs aufreiben, was eingedenk des von Signal betriebenen digitalen Reduktionismus mehr als sinnhaft wäre. Noch dazu lässt sich bei Signal ein ausgeprägter Technologie-Pragmatismus ausmachen, bei dem Test- und Störgeräusche in einer rhythmisierten Medienarchäologie aufgehen. »Robotron« schafft eine ausgewogene Balance zwischen Kopflastigkeit und Arschwackeln: Im DJ-Set vor Signal einen 20 % runtergepitchten und die HiHats gekillten Jeff-Mills-Track, here we go! Eine interessante Compilation, keine zwingend wichtige Scheibe, für stilprägende Rhythmusdekonstrukionen indes bestens geeignet. Hier ist defintiv der Groove zu Hause, sonische Bass-Physikalität inklusive.

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