Renald Deppe © Archiv Porgy & Bess
Renald Deppe © Archiv Porgy & Bess

Renald Deppe †

Er kam aus Bochum, um Klarinette zu studieren, begann aber schon bald, die zeitgenössische österreichische Musikszene immens zu bereichern. Am 28. Mai 2023 verstarb der vielseitige Musiker/Komponist/Initiator/Kurator/Förderer Renald Deppe 67-jährig an einem schweren Krebsleiden. Eine Würdigung.

Eine CD unter seinem Namen aufzunehmen, musste ihm erst gar nicht in den Sinn kommen, denn Renald Deppes ideensprühende Schaffenskraft galt nicht nur flüchtigen improvisierten Tönen oder seinen künstlerisch äußerst wertvollen grafischen Partituren als Komponist und nicht nur der Gründung von wesentlichen Musikformationen wie der der Capella Con Durezza oder den Wachauer Pestbläsern. Neben seiner Tätigkeit als Lehrender an Musikunis war eine seiner hauptsächlichen Eigenschaften die kuratorische Leidenschaft, die sich im Mit-Initiieren nicht weniger Festivals und Musikinitiativen niederschlug: etwa beim Kulturspektakel der Stadtinitiative Wien, den Graben-Festtagen, dem Festival 4020, dem makroPHONIA-Projekt in Pakistan und bei Imago Dei in Krems. Der Universalgelehrte fungierte auch als Mitbegründer des Porgy & Bess (mit Christoph Huber und Matthias Ruegg) und erfand die Reihe »Lost & Found« für die Strenge Kammer, die ihn auch als hochpolitischen Kopf auswies.

Mensch mit Charakter und Haltung

Was den so facettenreichen Künstler und Denker Renald Deppe ausgemacht hat, sollen nun zwei Interview-Exzerpte aus der Ö1-Sendung »In Memoriam Renald Deppe« vom 30. Mai 2023 verdeutlichen. Auch weil Deppe beim Geburtstagfest von Bodo Hell am 15. März 2023 im Porgy & Bess zum letzten Mal sein Saxofon live spielte, sei die Aussage des Literaten/Dichters/Senners Hell vorangestellt: »Das Intendantische auf der einen Seite, und diese Sache, dass er immer Leute einbezogen hat, er ist der große Ermöglicher gewesen, und zwar gleich wo und in welche Richtung. Und auch gleich wo, in welchen Landschaften und in den kleinsten Dörfern. Wo wir alle mit ihm auftreten durften, das kann man gar nicht aufzählen, das war wirklich unglaublich. Auch wenn man zwischendurch mit ihm nicht mehr so viel zu tun hatte, weil kein Auftritt war oder weil man nicht geprobt hat mit ihm, war er doch immer ganz lebendig und dabei. Noch wichtiger vielleicht ist, dass er ein Musiker war, der unglaublich viel gelesen hat … politische Texte, alles gleich, man ist gar nicht nachgekommen. Wenn man ihn besucht hat, war ganz klar, dass er einem ein Buch in die Hand gedrückt hat.«

Renald Deppe © Archiv Porgy & Bess

Gudrun Wallenböck, Leiterin des Wiener Kulturraums Hinterland ergänzt: »Dieses Ermunterer, Ermöglicher, einfach alles und jeden zu unterstützen, und sich nicht selbst in den Vordergrund zu stellen. Sondern es war einfach wichtig, dass wir alle, wer auch immer weiterkommt und weitergebracht wird, dieses Vernetzen, dieser Kommunikator auch. Ganz egal, wo man mit ihm auf der Welt unterwegs war, er konnte einfach mit allen, ob die Sprache gesprochen wurde, oder nicht. Ganz egal, man fand Worte. Mir hat gestern auch jemand gesagt: ›Ich hab’ noch nie einen Menschen getroffen, der zu allem etwas wusste‹, und mir hat er persönlich immer viel Kraft gegeben, weiterzumachen, und sich nicht entmutigen zu lassen, von Institutionen, von größeren Mächten, wie auch immer, sondern einfach weiterzukämpfen, aber im positiven Sinne.«

»Lost & Found« 

2020 ließ Renald Deppe aufgrund der Corona-Pandemie »Lost & Found« ins kurzfristige »Outdoor Exile« im sogenannten Krongarten der Galerie Hinterland in der Krongasse 20 im 5. Bezirk übersiedeln. Jeder, der vorbeikam, wurde ernst genommen und konnte sich in den Diskurs mit dem Kurator einbringen. Auch der Umgang mit dem öffentlichen Raum war Deppe ein Anliegen … Möge sein Geist in den vielen Menschen fortleben, die er inspirierte, nicht zuletzt durch seinen famosen Sprachwitz und seine Formulierungskunst, die beispielsweise auch aus der verschmitzt-liebevollen Beschreibung seines Porgy-Steckenpferds durchschimmerte: »›Lost & Found‹ präsentiert Gemeinschaft & Diskurs suchende Dichter & Lenker, Konzept- & Hungerkünstler, Bild- & Weinhauer, Schau- & Taschenspieler, Maler- & Baumeister, Kurz- & Langfilmer, Photo- & Kalligraphen, Klein- und Großkunstaktionisten, Textil- und Theatermacher …«.

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