SUSANNE BROKESCH verliert sich auf »Emerald Stars« (Chicks On Speed Records/Ixthuluh) zunächst zu sehr in ambientem Dösen, doch schon »Like A Hologram«, Track Nr. 3, ist ein Nachtschattengewächs, das in die Ohren schleicht und gemäß Brokesch mit »7 Years Of Bad Luck« bricht. Dekonstruktivistisch gerät das »Heroes«-Cover mit Drummachine-Häcksel und gesampleter Kreischgitarre, während die Tracks 6-11 eine leider sehr farblose Auftragsarbeit fürs österreichische Kulturforum in N.Y. sind. Dies kann Laurent Peter alias D\’INCISE leichtfüßig toppen. »Les Dérives« (www.audioactivity.net) ist vitaler durchwachsen. Electronica, die dank sich verzahnender Saiteninstrumente zunächst mal gar nicht wie ein Electronica-Album klingt, aber mit Fortdauer Nuance um Nuance elektronischer und irgendwie lieblicher und zwischendurch auch dubbiger wird. Bon voyage éclectique, 75 Minuten lang superb!
Nach der Sturm- und Drangphase gibt KID606 auf »Resilence« (Wichita/Edel) auch mehr den Eklektiker, der ein durchwegs freundliches Laptopia zaubert. Vielleicht arbeitet er nun gar vom Bett heraus … und bringt selbst Dub-Geeichtes zuwege: »Phoenix Riddim« liegt ein superbes Jamaican Rocksteady-Sample zugrunde und die Referenz Dub-Reggae flackert zwischendurch immer wieder mal auf.
Em:t records (www.emitrecords.com) aus Nottingham setzt hingegen auf sphärische Zeitlosigkeit. GAUDI-TESTA sind der Londoner Produzent Gaudi und der Soundtherapeut Antonio Testa, die sich auf »Continuum« keineswegs der Esoterik verschreiben, sondern so etwas wie den Weltraum auf die Erde holen. Später auch mit Dubstreuseln, in »No Escape« etwa – hier wird im Kreisrund eine Dubschleife durchexerziert, deep down in the gutter, und drüber schweben singuläre monochrom anmutende Analogsynthsounds. Schließlich ist 302 ACID0005 (em:t records) ist ein Trio aus Washington DC, das bereits im Intro die Grooves mäandern lässt. Es wabern melodische Fragmente durchs Zeitkontinuum, ein Melancholie-Schleier hängt drüber, und allmählich zieht’s doch an. Was wird hier fusioniert? So etwas wie Jazzrock unter dem Banner der Dancefloorerkenntnis ist das, und zwar mit galaktischem Überbau. Intelligent Electronic Prog! Groovt infolge dubbiger Bassarbeit und hebt ab.
Königlich dänisch-schwedisch
Anders Remmer hat mit der dänischen Supergroup System 3 sowie solo als DUB TRACTOR jeweils drei Alben aufgenommen. Zwar sind seine Songs auch melodiös, klingen jedoch nie so eindimensional wie Morr-Produktionen, sondern wahren eine Art Luftigkeit, die seinesgleichen sucht. Richtige Popsongs sind das, mit prägnanter Akustikgitarre, sanft elektronischem Knistern, beschaulich mäandernden Beats und trunken machender Melancholie, teilweise mit geheimnisumwittert lispelnder Frauenstimme. »Hideout« (City Centre Offices/Hausmusik) ist zum Reinkippen, sich Verlieren und Wiederfinden im glückseligen Nirvana. My favourite one: »Five 6«, wo Stimme und Sounds in angedubbter, verwehter Emphase daherkommen. Schaurig-schön! Nicht zu vergessen der Titeltrack »Hideout« mit grandiosem elektrischem Gitarrenflirren. Verworren hübsch sind auch die angenehm prickelnden Sounds von Henrik Jonsson, der als PORN SWORD TOBACCO auf »Explains Freedom« (City Centre Offices/Hausmusik) moody Wald- und Wiesen-Romantik widerspiegelt. Unverkennbar wurde diese melancholische Slow-Motion-Electronica in einem Studio, gelegen inmitten des schwedischen Waldes, eingespielt. Gern greift Jonsson auf Streicher- und Pianosamples zurück und schenkt so noch nie gehörten Lagerfeuer-Ambient! Sperriger dagegen das Material auf »Kning Disk« (www.kningdisk.com). Das schwedische Label präsentiert extraordinäre Arbeiten von Komponisten, Künstlern, Designern und Schriftstellern. So beginnt den Sampler Ǻke Hodell mit einer jandlesken Burleske und beeindruckt David Grubbs mit einer experimentellen Text-Sound-Komposition. Beinharter mindblowing Kurzwellen-Noise (Henrik Rylander) ist ebenso zugegen und auch Schwedens par-Excellence-Free Jazzer Mats Gustafsson/Fred Lonberg-Holm geben ein kurzweiliges Improv-Stelldichein.