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BulBul

»Hirn Fein Hacken«

Exile On Mainstream Records

Die austro-amerikanische Literaturwissenschafterin Dorrit Cohn hat in den 1970ern die These aufgestellt, dass in der prosaischen Darstellung der am schwersten greifbaren Bewusstseinssphären die traditionellste aller Erzählformen in der dritten Person – der Gedankenbericht – am effektivsten ist. Auf die Popkritik übertragen wird diese Einschätzung in der Regel nicht geteilt. Hier greift man für die Exegese der am tiefsten liegenden Wahrnehmungsbereiche eher auf den Bewusstseinsstrom zurück. Mit anderen Worten: je rätselhafter eine Band ist, desto eher wird kompliziert geschrieben. Nehmen wir also an, KritikerInnen dieser Art machten sich über das nur schwer verdauliche neue Album »Hirn Fein Hacken« von Bulbul her. Sie würden vermutlich auf Big Black verweisen, die bei Kreisky gesehen haben, dass Schlagzeuger gar nicht so übel sind. Vom Heuschreckentechniker würden sie schreiben, der auch nach 27 Jahren noch krasse Abtreibungen durchführt. Angesichts der darbenden Treble-Gitarren in »Uhu« würden die gut Informierten wohl »Godley & Creme« von den Dächern rufen, den weniger gut Informierten käme zumindest ein aussichtsloses »Frank Zappa« über die Lippen. Die Wirkungsmacht des »Kanzla« würden sie erörtern, und feststellen, dass der in neun Jahren nicht so viel zu bewegen vermag, wie Bulbul im gleichnamigen Neunminüter. Ein gemeiner Fieberschwindel würde sie beim Verzehr der »Fisole« packen und im Delirium gelänge ihnen allerhand dubiose Wortakrobatik. Vom modrigen Sludge-Begräbnis und dem sengenden Sündenpfuhl wäre da die Rede. Doch ob all der wortreichen Experimente würden sie übersehen, dass die grandiosen Bulbul längst über alle Berge sind und in stickigen Konzertkellern ganz handfeste, notwendige Watschen austeilen. Und sie sind nicht dabei!

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