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Various Artists

»Crooklyn Dub Outernational presents: Certified Dope, Vol. 4: Babylon's Burning«

WordSound

Man kann behaupten, dass das Brooklyner und mittlerweile nach Baltimore umgezogene Label WordSound — vor allem mit der Sampler-Serie »Certified Dope« — so eine Art gutes »metaphysisches« Gewissen von (der Einfachheit halber nennen wir es verallgemeinernd) HipHop war. Dass sich auf »Vol. 4« hauptsächlich HipHop- und Dubtracks befinden, hat klarerweise mit dem Label zu tun, reflektiert aber auch massiv darauf, dass diese Musiken als die der Minoritäten und Unterdrückten verstanden werden. Was ja im Falle von WordSound, die mit einer amerikanischen WASP-Ideologie aber sicher nichts gemein haben, eine Verdopplung der politischen Ambitionen bedeutet. Hier hat man wieder einmal tief in die verborgenen Schichten von Dub und Raggae gegraben, um daraus die abstrahierenden und minimalen Beats zu schälen, für die die WS-Produktionen bekannt geworden sind. Von Altbekannten wie Bill Laswell, Scotty Hard und Spectre spinnt sich der Faden bis zu DJ/Rupture aus dem Tigerbeat6-Umfeld. »Babylon’s Burning« bezieht sich ganz klar auf den Irak-Krieg mit US-Marines am Cover, einer brennenden US-Flagge, rauchenden Ölfeldern, kopierten Bombenblitzen und Tracktiteln, die mit ihrem Message-Gehalt nicht hinterm Berg halten. Indes ist das Diskurs-Werkzeug, das mal im WS-Lager das spitzeste überhaupt war, anscheinend ein wenig stumpf geworden, sind die Tracks doch in ihrer Konsistenz zwar gut aber in sich selbst so austauschbar, dass man sich fragt, welchen Sinn es macht, eine nach außen hin schwer politisch motivierte Compilation zu machen, die dann ihren Implikationen und Verweisen nicht standhält. Interessant allerdings jene Ambivalenz der spirituell-ideologischen Deutung von Babylon einmal als testamentarische Hure und dann als einer der ältesten Schauplätze der kulturhistorischen Menschwerdung, über die die westliche Dekadenz das Feuer gebracht hat. »Babylon’s Burning« könnte zu einer Art »Konsensplatte« werden und dadurch einige der darauf verhandelten Stränge arg ausblenden: Es wird nicht von minoritärer Seite Anti-Amerikanismus-Stimmung gemacht sondern viel mehr geht es um individuelle Freiheiten und das Recht auf Selbstbestimmung (»The Mighty Unseen Force«). WS bietet bei »Certified Dope« wie üblich gute bis sehr gute Musik, aber alles was darüber hinaus geht, war so schon mal besser da. Es wäre sich sicher mehr ausgegangen, Kapazität und Ressourcen hätten sie ja (noch) …

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Text
Heinrich Deisl

Veröffentlichung
21.05.2004

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