Ein Zauberwerk raffiniert aufbereiteten Bass Music-Songwritings offeriert SBTRKT auf »Wonder Where We Land« (Young Turks Records). Reife Leistung auf dem vierten Album. Egal ob Vokalist oder Sängerin, Sbtrkt findet die ideale Tonspur mit raffiniert gewobenem Hintergrundteppich, mal ausladend pianolastig mit Vocals von Caroline Polachek, mal gar an funky Prince gemahnend, mit Ezra Koenig. Mein Hit: das sich mit Bassline in lichte Höhen schraubende »Higher« featuring Rapper Raury. Auch mit den von Sampha leidenschaftlich gesungenen Songs gelingt Sweet Soul Music anno 2014!
Auch urban und romantisch, wenngleich verruchter und lüsterner, klingt COOLY G auf ihrem zweiten Hyperdub-Album »Wait ‚Til Night«. R&B ist nicht nur lyricwise ein Einfluss und die Bässe scheinen teils von Reggae Soundsystems abgeleitet. Der Clou allerdings ist die Kombination mit darken Synths, die poppig durchs Album schleichen und für eine dreamy Twilight-Atmosphäre sorgen.
Verführerischer klingt kaum etwas im Hyperdub-Universum, außer man hört die Compilation »Hyperdub 10.3«, die uns im zehnten Jahr des Londoner Labels eine außerordentliche Vielfalt im Reich der Bass Music aufzeigt. Etwa in Tracks von Inga Copeland (»I Am Your Ambient Wife«!) und Dean Blunt, die als Hype Williams das Traumpaar abgefeimter, abgrundtief schöner bassgeeichter Elektronikmusik bildeten. »10.3« ist der verlangsamte Ruhepol unter den vier Jubiläumssamplern, der mit Burial wundersam anhebt und mit Jeremy Greenspan & Borys und ihrem ausschweifend sich Raum aneignenden Maschinenfabrik-Drone »Gage« endet. Nichts weniger als die Zukunft von Ambient wird exemplarisch in allerlei Ausfransungen verhandelt, sei es dunkel bassgrundiert wie bei King Midas Sound und der fabelhaften Ikonika oder blubbernd-hallig-jazzig beziehungsweise verträumt wie bei Laurel Halo.
Weniger nach Future Sounds tönt »Hyperdub 10.4«, was an der technoiden Grundausrichtung liegen mag. Dorian Concept remixt darauf Martyn recht würdig, doch weder Tracks von Kode 9 noch Jessy Lanza in Technoverkleidung vermögen zu überzeugen.
Für weitaus mehr Furore sorgt »Hyperdub And Teklife Present Nextlife«, eine grandiose Werkschau, die Juwelen von DJ Rashad und seiner Footwork-Crew Teklife zu Tage fördert. Abgedrehte Synkopen mit 160 BPM oder sogar noch schneller, schwergewichtige Basslines die scheinbar aus dem Ruder laufen, aber genau deswegen kicken, am MPC manipulierte Samples mit den berüchtigten Vokalrepetitionen: Das ist Juke! Diese Weiterführung von Chicago Ghetto House, in der immer wieder auch HipHop und Jungle geistern, ist in dieser Teklife-2014-Jahresrundschau absolut auf der Höhe der Zeit. Man höre nur die smoothen hochgepitchten female Vocals von »Do This Again« und die beinharten Bässe und Jungle Breaks von DJ Earl/DJ Taye darauf und werde sofort infiziert. Diese beiden gehören wie auch DJ Taso oder DJ Manny der jüngeren Generation an und zählen wie Traxman, RP Boo, DJ Spinn und der 2014 verstorbene DJ Rashad zu den Footwork-Speerspitzen. Juke ist mit jeglichem Stil vermischbar: so überzeugt DJ Tre mit Klassik-Samples, und so reiten DJ Paypal (Deutschland), Feloneezy und Jackie Dagger (Serbien) im Outro auf Disco-Sounds daher. Juke at it’s best, endgültig auch in Kontinentaleuropa angekommen.
Alle Tonträger außer SBTRKT: Hyperdub/Trost.