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Cardigans

Long Gone Before Daylight

Stockholm

The Winner fucked it all! Das Leben ist ein eitel Kater und die meiste Zeit verbringt man damit, seine Schmerzen abzufeiern. Rock ist der beste aller Belege dafür – und Cardigans, die schmuck schnuckligen Loungesters from Scandinavia haben das Erste-Klasse-Ticket in zelebriertem Schwanengesang. War Nina Perssons meisterlicher Sologang A Camp bereits ein gar nicht so melancholischer Schritt Richtung countryfizierten US-70s-Arena-Rock, krallt sich die Neugeburt der Cardigans wesentlich vehementer in weltverschönernde Abort-Hits. Das Dasein ist längst nicht mehr das regenbogenbunte Karussel, wo sich ein zerbrochenes Herz noch gegen Zuckerstangen und kandierte Äpfel tauschen ließ. Auch nicht wie beim bissig kühleren Wavepop ihrer letzten CD »Gran Turismo«, wo man sich ein heilendes Aktienpaket in die Brustmitte steckt, erased und rewindet. Mit »Daylight« bleibt das Loch im Körper, offen blutend, für jeden sichtbar. Und wie ein stur sich aufrecht haltender John Wayne streift das Five-Piece from Jonkoping durch eine düstere Landschaft der Weltkriegsangst, der neo-archaischen Bush World Order und singt ein völlig unpeinliches Lied, dass die Liebe weitergeht. Auf »… and then he kissed me« croont Nina so herzzerreißend zwischen der zynischen Abgeklärtheit eines Lee Hazlewood und dem rauen Hoffnungsblick Joni Mitchells, dass man die eigene Pumpe aus den Socken fischen möchte. »Couldn’t care less« hat mehr Stax-Seele in den Eierstöcken als jedes zeitgemäße R’n’B-Geschmetter. Und das bizarre »You’re the Storm« greift mitsingkompatibel den Power-Raper aus der Sicht des weiblich konnotierten, gewaltsam eingenommenen Landes ein. Fühlst du dich gut, jetzt wo du mich unterworfen und gefickt hast? (Eine irakische Karaoke-Version ist nicht enthalten …) Ein Juwel – no less. Danke. Applaus. Langer Vorhang.

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Text
Paul Poet

Veröffentlichung
22.10.2003

Schlagwörter


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