Heroin In Tahiti &copy; <a title="http://www.boringmachines.it/" target="_blank" href="http://www.boringmachines.it/">Boringmachines</a>
Heroin In Tahiti © Boringmachines

Boring machines – Vielfalt im Ecopack

Das Avantgarde Label Boring Machines hat seinen Sitz in Castelfranco Veneto in Norditalien und widmet sich seit mittlerweile sechs Jahren dem Stillen und Experimentellen. Onga, der Mann hinter diesem Projekt, achtet dabei stets auf eine interessante und ökologische Verpackung.

it1.jpgFolgende fünf Alben bieten einen guten Querschnitt durch die Materie, der sich dieses Label verschrieben hat: SATAN IS MY BROTHER ist ein fünfköpfiges Kollektiv, das man am Rande von Jazz, Avantgarde- und Geräuschmusik ansiedeln könnte. Die auf dem Album »A Forest Dark« , teils orchestral, teils elektronisch erzeugten Bilder und Klangräume greifen auf zwei Assoziationspools zurück: erstens Industrialsounds und zweitens Erinnerungen. Diese Zutaten nutzen die Geschwister Satans um immer neue Tonstrukturen zu schaffen, die den Hörer im emotionalen Dschungel versinken lassen, um ihn dann in einer Maschinenhalle aufzuwecken. Serialität von Elektronik und Technik spielen dabei eine Rolle. Es bedarf einer Portion Anstrengung, um sich auf diesen speziellen Klang einzulassen, gelingt einem dies, wird man auf den dichten Geräuschteppichen in eine andere Realität getragen. Teilweise jedoch driftet das durchwegs interessante Klanggebilde durch den Dialog von Saxophon und Posaune zu sehr in den Bereich der Lounge-Musik ab und wird beliebig.

it2.jpgFABIO ORSI lässt auf »Wo ist Behle?« kristallisierte Musik, die sich in Loops durch das Trommelfell direkt ins Hirn einbrennt, erklingen. Orsis musikalisches Motiv ist der Rausch. Jedoch einer, der einen mit einer Klarheit trifft, wie es keine Droge vermag. Eine Idee geht flie&szligend in die nächste über, Sounds werden von anderen überwachsen, erreichen kurz Eigenständigkeit und verschwinden wieder im Elektrosumpf. Vom ersten bis zum letzten Ton durchkomponiert, mit einer Konsequenz, wie sie vielen anderen Musikern nur zu wünschen wäre.

it3.jpgPsychedelische Klangwolken befördern die Hörer auf HEROIN IN TAHITIs »Death Surf« in öde Wüstenlandschaften, wo echte Männer sich gegenüberstehen, den Colt griffbereit und die Abenddämmerung abwartend – so oder so ähnlich lässt sich Death Surf beschreiben. Teilweise drängt sich Synthie-Sound in den Vordergrund und erzeugt ein schauerliches Gewaber an Tönen, in das sich immer wieder neue Klangrealitäten weben. Schauplatz könnte dabei Beides sein: Italowestern und Surfstrand. Der Sound lässt allerdings auch ein wenig an Rockabilly oder Garage Surf Bands wie die Messer Chups denken, wo Cadillacs durch verzerrte Labyrinthe eiern; mit föhnfrisierten Frauen in engen Korsetts am Steuer. Ein schönes Album, das einen von Anfang bis Ende immer wieder einlädt, sich an die kargen Tonlandschaften zu gewöhnen, um einen dann abrupt aus dem Sattel zu werfen. Besonderes Schmankerl: »Spaghetti Wasteland«.

it4.jpgEin anderer Mann an den Langweiligen Maschinen ist RELLA THE WOODCUTTER. »I Know When It’s Time To Get The Fuck Away« empfängt einen mit Geräuschgewitter. Es klingt als würde sich das Orchester des Tartaros auf einen Empfang vorbereiten, während im Hintergrund Hades sich die Hände reibt. Apokryphal – ja bitte! Weiter geht es mit einem sinnlichen Gitarrenstück, über das sich der elegische Gesang des Holzschnitzers legt. Teils an das klassische Singer/Songwritertum angelehnt (Mundharmonika, Gesänge à la Neil Young) driftet die Platte immer wieder in Industrialgefilde ab, bietet gro&szliges Gefühlskino und verworrene Klangwelten, die abwechselnd anziehen und in Melancholie versinken, dann aber auch immer wieder einen Funken von Optimismus durchblitzen lassen. Der Hörer dieses Albums kann sich auf eine interessante Mischung von Liedermacherei, Ambientsound, avantgardistischem Gitarrenrock und gro&szligen Gefühlen freuen.

it5.jpgDie zweite CD vom umtriebigen RELLA THE WOODCUTTER »The Golden Undertow« ist in seiner Hauptzutat eine Folkplatte, die mit sphärischem Drönen untermalt wird. Die Musik nimmt einen mit und trägt ein Stück weit, um dich dann allein im Wald stehen zu lassen. Kitschig wird es bei den Passagen, wo die Mundharmonika an ihrem Höhepunkt von einem wild gemischten Percussionsturm aufgefangen wird (z. B.: »Wrong Affection«), untermalt von dem beinah zerbrechlichen Folkgesang des Sängers. Rella ist der Devendra Banhart der Nische.

it6.jpgDie letzte Platte des Boring-Machine-Paketes hei&szligt schlicht MAMUTHONES und stammt von der gleichnamigen Band. Mamuthones sind schwarze Holzmasken, wie sie von den Sarden zum Karneval getragen werden – sie stellen eine verrückte, dionysische Figur dar. Soviel zu der Terminologie. Ihr musikalisches Pendant hat diese Figur eben in den Mamuthones gefunden. Nicht zu unrecht. Denn, auch wenn das Dionysische in dieser Musik sich nicht gleich aufdrängt, gibt es eine mythische Grundstimmung, die aus der Zusammensetzung der Instrumente erzeugt wird. Folklore in neuem Gewand. Die Trommelschläge und das Flüstern erzeugen, einem Albtraum gleich, ein Szenario in dem eben diese teufelsähnlichen Gestalten auftauchen und sich im Dunkeln in Trance tanzen.

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