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Tindersticks

»The Something Rain«

Lucky Dog

Auf den Tindersticks lastet seit den rund 20 Jahren ihres Bestehens der Fluch des phänomenal guten ersten Albums. Genau genommen sind es die ersten drei Alben, an die sie später nie mehr ganz herankommen sollten. In meiner Vinylsammlung gibt es wenige Platten die so oft am Plattenspieler ihre Runden drehten, die Covers sind auch schon dementsprechend speckig-abgegriffen und vom einen oder anderen Rotweinfleck gezeichnet. Aber ich mag das, wenn man Platten ansehen kann, dass sie oft gespielt wurden. Seitdem gab es im Schnitt ca. alle zwei Jahre ein neues Album der britischen Dandys, die alle nicht schlecht sind. Bei so mancher machte sich aber doch das Gefühl breit, dass das Feuer schon mal höher gelodert hat. Fast genau zwei Jahre nach »Falling Down A Mountain« (2010) wird konsequent fortgesetzt und zu voller Blüte gebracht, was dort mehr angedeutet als exekutiert wurde: Saxofone und andere Tröten ersetzen fast zur Gänze die opulenten Streicher. Das betont die Stimmung von verrauchten Hinterzimmern, in denen Männerrunden mit aufgekrempelten Ärmeln pokern (wie etwa Frank Sinatra in Otto Premingers »The Man With The Golden Arm« von 1955) und Hochprozentiges gurgeln. Der Einstieg in »The Something Rain« mit dem gesprochenen »Chocolate«(einer launigen Story mit pikantem Ende) gestaltet sich noch eher langatmig, dafür gibt’s danach praktisch keine Aussetzer mehr. In »Show Me Everything« geht es mit schwer hallender Gitarre, spitzer Frauenstimme im Background und vorerst mal maximal Midtempo Richtung Betriebstemperatur. Stuart Staples‘ knödelnde Vibrato-Stimme, die am schmalen Grat zwischen Schmalz und Schmelz immer sicher navigiert, duelliert sich im folgenden »Fire Of Autumn« mit einem Frauenchor, was in Summe zum klaren Hit des Albums wird; ein Stück bei dem einfach alles stimmt. Es ist schon beeindruckend, wie punktgenau über das gesamte Album die Bläser bratzen. Ganz besonders im atmosphärisch dichten, spooky »Frozen« mit dem Echo auf der Stimme des Schmerzensmannes. Man kann von Glück reden, dass die unverbesserlichen Romantiker der dunklen Seite nach gröberen Differenzen Anfang der 2000er-Jahre nicht endgültig das Handtuch geworfen haben.

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