laube.jpg
Darren Copeland

»Perdu et retrouvé« / »Rêve de l’aube«

empreintes DIGITALes

Beide CDs definieren eindringlich den aktuellen Stand akusmatischer Musik: Darren Copeland (Toronto) und Adrian Moore (Birmingham) vermessen auf vorliegenden Platten Grenzzustände zwischen Wachen und Träumen, Wegfahren und Ankommen, Verlieren und Wiederfinden. Wie bei empreintes aus Montréal üblich, kommt ein vergleichsweise »poppiger« Zugang zur Elektroakustik zum Tragen; Nachzuhören besonders bei Moores »Rêve de l’aube«, das zwar praktisch die ganze Historie dieser Musik inkorporiert hat – so verwendet er gro&szligteils nach wie vor manipulierte Tapes, die dann digital bearbeitet werden -, gleichzeitig aber fast schon Ambient-Techno-geerdet ohne Beats daherkommt. Copeland dagegen nähert sich auf dieser Zusammenstellung von Werken zwischen 1991 und 2003 fast »klassisch« Themen wie dem Leben im Transit, 9/11 und zeitlichen Umschichtungen. Unterschwellig eingearbeitete Fieldrecordings ziehen eine thematische Metaebene auf, die von einer Zugfahrt von London nach Moskau bis zu in Musik gefassten, beinahe apokalyptischen Filmflickern reicht. Seltsam, dass »Perdu et retrouvé« als Audio-DVD aufgenommen ist: Auch wenn in bester Soundqualität, degradiert sich dadurch, dass nur ein statisches Manual am Bildschirm zu sehen ist, die Musik fast zum Hintergrundrauschen. Diese Stücke haben derartige imaginative Sogwirkung, dass sie diese Bebilderung echt nicht brauchen. Abgesehen davon lebt »Perdu« von der konzeptuellen Stärke und der kompromisslosen Umsetzung, bei der immer wieder versöhnlich-verspielte Momente durchblitzen. »Rêve de l’aube« des u.a. auf dem Londoner Label Sonic Arts Network veröffentlichenden Moore ist vergleichsweise zugänglicher. Die neun zwischen 2000 und 2004 komponierten Stücke kommen mit einer relativen Transparenz daher, die sie über verschlungene Pfade für mich eher der IDM als der Soundart verwandt erscheinen lassen. Dabei ist Moores Musik alles andere als ein Aufguss autodidaktischer Zufälligkeiten: Drone-Flächen wechseln sich unvermittelt mit energetischen Noise-Partikeln ab, traum-haft choreografiert, ab und an um sonische Stolperfallen sicher nicht verlegen. Eine gute und eine ziemlich gute CD, beide – wie für empreintes üblich – ansprechend verpackt und mit umfangreichen Linernotes in Englisch und Französisch versehen. Schau’n Sie sich das an: vive l’acousmatique!

favicon
Nach oben scrollen