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La Passe: E

Zwischen »Dylan, Bob« und »Faces, The« ver­birgt sich die wunderbare Welt des 5. Buch­staben des Alphabets, Und wer Elvis vermisst, dem sei gesagt, dass dieser zu groß für die Zuordnung zu einem Buchstaben ist.

Publiziert in skug #63, 6-8/2005

Earle Steve: Countryrock-Abgott und begnadeter Tän­zer auf vielen Hochzeiten. In seiner Jugend hing er an den Lippen texanischer Songwriting-Legenden wie Guy Clark oderTownes van Zandt. Als New Country-Star schnupperte er am gro&szligen Ruhm, der von der Rolle als mediokerer Reserve-Springsteen abgelöst wurde. Earle wachte als Drogenwrack auf, zog sich mit Hyperaktivität aus dem Sumpf und wurde als unermüdlicher Kämpfer gegen die Todesstrafe zum Gewissen des anderen Ameri­ka. Merke: »The Revolution Starts Now«.

Elliot, Ramblin Jack reiste mit Woody Guthrie auf Güterwaggons quer durch Amerika und machte den ame­rikanischen Folksong in Europa populär. Woody Guthrie blieb sein Vorbild und Bob Dylan schaute sich von Ramblin Jack die Manierismen des gro&szligen Meisters Guthrie ab. Heute mit knapp 75 ist Jack müde, aber noch immer mit einem klapprigen Mercedes unterwegs, um die Songs von Dylan, Tim Hardin und natürlich Guthrie zu singen. Nebenbei ist er einer der wirklich begnadeten Geschich­tenerzähler dieses Planeten. Legenden sind aus seinem Holz geschnitzt.

Emerson Lake & Palmer: Hass! Oh ihr Spätgebore­nen, seid froh, dass euch das in den frühen 1970ern erspart blieb – Aufgeblasene Egos, die ihre monströsen Masturbationsklänge ohne Genierer von sich gaben und die Solierwut in neue Höhen trieben. Keyboards, Drums und Bass für die Hölle. Noch dazu wurden Generationen von Schülern mit der ELP-Version der »Bilder einer Ausstel­lung« gequält. Ich spreche somit ein Revivalverbot aus.

Eagles, The: Sie fusionierten die Idee des Countryrock eines Gram Parsons mit dem Westküstenflair. Grün­dungsmitglied Bernie Leadon machte das einzig Richtige: Er schrieb »Take It Easy« und stieg vor dem Moloch »Hotel California« aus. Die Eagles erlaubten sich bei ihren Reuniontourneen (ohne den Sympathieträger Leadon) als erste, mehr als 100 Dollar für ein Ticket zu verlangen und gehören immer noch zu den gro&szligen Nummern im Konzert­geschäft. Leitsätze: »Verschwende die Zeit nicht mit neuen Songs« und »Melke den Esel, solange es geht«.

Einstürzende Neubauten: Was Kraftwerk in den 1970ern gelang, schafften die Neubauten in den 1980ern: Originäre deutsche Popmusik. Selten klangen Bohrmaschinen, Ble­che oder Kreissägen zwingender als bei ihnen. Auch wenn der Geräuschmeister FM Einheit vlg. Mufti die Band verlassen hat, Blixa Bargeld mittlerweile schweren Rot­wein dem billigen Schnaps vorzieht und der Weg in die Hochkultur und Talkshows vorgezeichnet war, sie haben sich immer eines bewahrt: Autonomie und Würde.

Emmons, Buddy ist der Meister der Pedal-Steel-Gitarre. Wenn irgendwo in den 1960ern und 1970ern in den Studios von Nashville oder Memphis eine Pedal-Steel gebraucht wurde, dann klingelte bei Buddy Emmons das Telefon. Emmons spielte auf einer Unzahl von Aufnahmen für wirklich jeden Star von Elvis und Johnny Cash abwärts. Heute genie&szligt er mit seinen 68 Jahren die Verehrung, die ihm entgegengebracht wird und lächelt den Jungspunden zufrieden von seiner Veranda zu.

Everly Brothers: Oder auch die Geschichte von Kain und Abel revisited. Ihre erste Single »Bye, Bye, Love« machte die Brüder 1957 zu Stars und das blieben sie auch bis zum Siegeszug der Beatles. Legendär wurde ein Konzert 1973 in Hollywood, als Phil die Gitarre zertrümmerte und die Bühne verlie&szlig. Don blieb nichts anders übrig als das Ende der Everly Brothers zu verkünden. Bei Reunion-Shows sangen die Herren zwar miteinander, aber sie wür­digten sich keines Blickes. That’s Entertainment.

Ellison. Lorraine: 3 Minuten und 29 Sekunden für die Ewigkeit, 3 Minuten und 29 Sekunden als Vorlage für jede Ballade danach, 3 Minuten und 29 Sekunden Soul, 3 Minuten und 29 Sekunden dauert es bis das Herz gebro­chen ist, 3 Minuten und 29 Sekunden darf man einer der ganz gro&szligen Stimmen lauschen und sich dem emotiona­len Delirium hingeben: »Stay With Me Baby«.

E; Eels, The: Everett Mark Oliver: Eigenbrötler und Grantier, der nach zwei Alben als E nun mit den Eels ein Vehikel gefunden hat, um seine Misanthropie, seine Angst und seine Trauer in Kunst zu verwandeln. Gro&szligmei­ster im trockenen Bewältigen von Tragödien: Mein Lieb­lingsatz: »This are rock hard times/but we got to make it through«.

Esquivel, Juan Garcia: Der Sun Ra des Easy Listening. Musiker, Bandleader und Komponist, der ab Mitte der 1950er die Mittel des Studios wie kein anderer für seine Soundvisionen benutzte. In seiner Art ein früher Brian Wilson. Lieblingsfrage: »Kannst du etwas spielen, das so klingt wie wenn ein Russe durch China geht?«

Eldritch, Andrew: Frontmann einer Karikatur einer Band namens The Sisters of Mercy. Trägt auch in der Nacht Sonnenbrillen. Er wurde von seinen Fans heilig gesprochen, obwohl ihm nur ab und zu ein gerader Song auskam. Aber dunkle Gewänder können bekannterweise auch das Hörvermögen schädigen. Trotz, oder gerade wegen netter Coverversion von »This Corrosion« von Lambchop herrscht immer wieder akute Reuniongefahr.

Erasure: Nach seinem Ausstieg bei Depeche Mode und dem Ende von Yazoo fand Vince Clark in Andy Bell sein ideales Medium und eines der erfolgreichsten Popduos aller Zeiten war geboren. Vince versteckte sich wie immer hinter den Keyboards und Andy verkaufte die Songs in unglaublichen Gewändern. Sie hatten den Erfolg, den sich Soft Cell immer wünschten. Megahit: »Sometimes«.


Edie:
Eine Perle von einer Single der wunderbaren Brix Smith zu Ehren von Edie Sedgewick, der kurzzeitigen Muse von Andy Warhol in den Tagen der Factory.

E. Smith, Mark: Kurzzeitehemann von Brix Smith, genial sturer Bock, Vorsteher von The Fall und Gegner jedweden Wellnessgedankens.

Erickson, Rocky: Die Gegenkultur war in den mittleren 1960ern vor allem an der US-Westküste angesiedelt. Die 13th Floor Elevators mit Songwriter, Sänger und Gitarri­sten Roky Erickson aber verschreckten mit ihrem psyche­delischen Rock die texanischen Cowboys rund um Austin. Nach drei meisterlichen Alben von 1965-1968 nahm Erickson einen Trip zuviel und ist bis heute nicht zurückge­kehrt (siehe auch: Syd Barrett).

Engels, Friedrich: 1820-1895, Mitverfasser des Kom­munistischen Manifests, geistiger Vater der Sozialdemo­kratie. Am Friedrich-Engels-Platz in Wien residierte Jahrzehntelang die KPÜ und der Vorsitzende Franz Muhri wachte dort über die Linientreue der Genossen. Heute ist dort ein Baumax.

Ertegun, Ahmet: Gründete mit Herb Abrahamson 1947 Atlantic Records. Nach dem Einstieg von Jerry Wexler spielte ihnen ein unbekannter Nat-King-Cole-Epigone namens Ray Charles in New Orleans »l Got A Woman« vor. Der Rest ist Geschichte und Atlantic wurde eine der Hochburgen des Southern Soul. Namen wie Solomon Burke, Joe Tex und natürlich Aretha Franklin sprechen eine deutliche Sprache.

Electric Eels, The: Mit ihrem 1972 erstmals erprobten »Art Terrorism« die ideologischen Vorläufer von Bands wie Pere Ubu (ebenfalls Cleveland/Ohio). Ein noisiger Brachial-Mix aus Captain Beefheart, Alice Cooper, Kiss, The Stooges und The Velvet Underground plus jeder Menge Avantgarde-Jazz. Also Glamrock als Free Jazz verstanden (bzw. umgekehrt). Zudem mit der Besetzung zwei Gitar­ren, Klarinette, ein wenig Drums (und die auch noch vom späteren Cramps-Minimalisten Nick Knox) und teilweise Electronics basslose Soundvisionäre allererster Höre mit Schmerzens-Güte.

Ellington, Duke: Nimmt in den 1930ern mit den »Growl«-Effekten seiner Trompeter und Posaunisten Jimi Hendrix‘ Wah Wah-Effekte vorweg (Hendrix bezog sich zeitlebens auf Ellington), erfindet den »Jungle-Style« der Harlemer Renaissance, macht 1928 die ersten Aufnahmen mit einem verstärkten Bass und bringt 1937 bei »Caravan« erstmals afro-kubanische & lateinamerikanische Rhythmen mit Harmonien & Melodien des Jazz zusammen. Sein schon frühes Interesse für Klang führt zu ersten Aufnah­men mit Hallräumen.

Eno, Brian: Fummel & Schminke, Synthesizer & Soundver­fremdungen (schon bei Roxy Music waren Gitarre, Klari­nette & Saxophon nicht immer das, was sie schienen). Der Paradiesvogel & die künstlichen Soundgebilde. Verfremde­te & befremdliche Klänge und ebensolche Identitätskonzepte. Vielleicht der Prototyp der Kombination Maschinenmusik/Musikmaschinen & Queerness.

Earth: Grunge als Abstraktion, Gitarren als Maelstrom-Klangmaschinen, Stonerrock für Deleuzianer, Doomcore für Agnostiker. Musik auch jenseits der Melvins. Die ton­nenschwere LP »Earth 2« gab’s 1992 bei Sub Pop in luftig­durchsichtigem Vinyl. Ein böser Witz.

Edwards, T. Tex: Die Todes-Country & Western-Abteilung von Sympathy ForThe Record Industries! Veröffentlicht mit »On Parole/Pardon Me, l’ve Got SomeoneTo Kill« die beste Ansammlung tödlicher C&W-Lebensratgeber au&szliger­halb des Cramps/»Born Bad«-Territoriums. ?bertroffen nur durch die Single »Lee Harvey Was A Friend Of Mine«.

Eisenstein, Sergei: Erfinder jener Montagetechniken, mit denen später HipHop und Sampling durch Public Enemy revolutioniert wurde.

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Text
Didi Neidhart, G. Bus Schweiger

Veröffentlichung
03.10.2011

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