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Hot Snakes

»Jericho Sirens«

Sub Pop

»Jericho Sirens« ist das vierte und bisher beste Album der Hot Snakes. Das darf überraschen, denn nach 14 Jahren Pause bekommt man erfahrungsgemäß oft eher schlecht Gealtertes neu aufgetischt und kann über die Vorfreude später nur innerlich den Kopf schütteln. Doch bei den Herren Rick Froberg und John Reis (Drive Like Jehu, Rocket from the Crypt), Bassist Gar Wood sowie Drummer Jason Kourkounis und Mario Rubalcaba darf man sich darüber freuen, dass die Alben der Reihe nach konsistent besser werden und also durchaus von einer progressiven Reifung gesprochen werden kann, ohne dass sie ihre gewohnte Power, den wahnsinnigen Drive und – an Altersweisheit erkrankt – das oftmals etwas Melancholische der Jugend verlören. Souverän könnte man sie auch nennen, und schon beim Opener »I Need a Doctor« geben sie vor, was in der nächsten guten halben Stunde passieren soll: Sie springen von einem Übertrack zum nächsten. Kurzer Zwischenstopp, erster Höhepunkt: »Six Wave Hold-Down«. Instant classic. Bei »Having Another?« nochmal die Ohren spitzen. Nicht zu überhören die Wehmut des Post-Hardcore-Business der späten 1990er bis frühen 2000er, die durchgehend mitklingt, wie man sie ähnlich von den texanischen At the Drive-In kennt. Das bedeutet: Die Wut und Einschlagskraft von Hardcore plus noch ein bisschen mehr Experimentierfreudigkeit mit mehr Platz für subtilere Gefühlsäußerungen und Melodien, die ein weiteres Emotionsspektrum ansprechen. Referenzen sind da Bands wie Fugazi oder die diversen Albini-Projekte, welche die Richtung für Jahre vorgeben sollten. Bei den Hot Snakes ist es zudem auch der eher eingängige, tragende Sound des Garage Punk, der auch das Poppig-Zugängliche der Band ausmacht. Eingängige Songs für die, die eh schon Fans sind oder es noch werden wollen. Auch für Fans der Wipers, vor denen sie sich durchgehend zu verneigen scheinen. Wäre wohl umgekehrt auch der Fall. Prädikat: Klasse produzierte Musik für gute Herzen, eine Flaschenpost aus der Millennialzeit.

Home / Rezensionen

Text
Lutz Vössing

Veröffentlichung
01.03.2018

Schlagwörter

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