Ach so, ja, übrigens, wir erleben gerade eine antihumanistische Revolution von oben, die behauptet, wir brauchen keine Menschen mehr. Wenn wer mit dem Satz nichts anfangen kann, bitte diesen einfach bei ChatGPT, Deepsearch und Co. eintippen und ihn sich erklären lassen. Oder ist es etwa Aufgabe eines Kulturmagazins wie skug, solche sperrigen Aussagen zu erklären? Das können doch die Maschinen viel besser – nicht wahr? Ein*e Journalist*in soll sich das ganze Internet durchlesen und dann sagen, was gerade abgeht? Welche Gefahren es gibt und welche Änderungen? Wie darauf reagiert werden könnte? Die Übersicht kann ein Mensch doch gar nicht mehr haben. Auch kann man von den Bürger*innen nicht mehr wirklich verlangen, sie sollen sich eine Meinung zu all diesen hochkomplexen Themen bilden. Wir alle verlieren doch gerade den Überblick – oder? Oh, sieh an: Damit wäre ein wesentlicher Teil der Bedeutung des Satzes ganz ohne »künstliche Intelligenz« bereits erklärt.
Was gerade passiert
Hier kommt der Rest: Die aktuelle Trump-Regierung feuert ihre Mitarbeiter*innen im Sekundentakt. Ganze Behörden werden aufgelöst, weil sie »ineffizient« seien. Das passiert teilweise aus ideologischen Gründen. Diese Regierung mag halt keine Gleichstellung und Entwicklungshilfe und der Grund für die Entlassungen ist deshalb geradezu banal. Aber auch Donald Trump, Elon Musk und der Vizepräsident JD Vance wissen, dass der US-amerikanische Staat sich nicht komplett selbst abschaffen kann. Ein paar Dinge wird man anbieten müssen. Aber die verbliebenen, notwendigen Aufgaben, nehmen wir mal als Beispiel Flugsicherheit und Luftraumüberwachung, könnten in Zukunft doch viel besser und effizienter von Maschinen übernommen werden. Dass man selbst – wie Musk – rein zufällig ein oder zwei Unternehmen besitzt, die genau diese Dienstleistungen anbieten, ist nur ein netter Nebeneffekt, den böse, meist linke Zungen »Korruption« schimpfen, aber diesen Leuten passt ja immer irgendetwas nicht. Der springende Punkt liegt darin, dass Musk und Co. glauben, sie könnten fast alle gesellschaftlichen Aufgaben mit Maschinen regeln. Flugsicherheit? Übernimmt die künstliche Intelligenz. Genauso wie die Bereitstellung von Währungen (Genau, das sind dann diese seltsamen »Coins«), den verbliebenen, unbedingt nötigen Rest von Verwaltung und ach ja, nicht zu vergessen: die Medien. Wissen, Unterhaltung, Information wird jetzt alles bald künstlich generiert. Die ganze Welt schaut dann nur mehr zu und einige wenige dürfen kassieren. Entscheidend ist aktuell, dass wir heute in einer Situation sind, in der nahezu alle glauben, es stehe eine Revolution durch die »künstliche Intelligenz« unmittelbar bevor und dass diejenigen in Zukunft die Welt regieren werden, die dieses Potenzial als erstes begreifen und angemessen nutzen.
Bei dieser Revolution geht es im Kern darum, die Menschen loszuwerden. Das ist, wie wir in unserer aktuellen Serie »Demokratie in Gefahr« gezeigt haben, durchaus eine Geldfrage, denn einige wenige werden mit diesen Änderungen noch reicher, als sie es ohnehin schon sind, und es hat auch etwas mit dem Wandel durch die künstliche Intelligenz zu tun, dem wir bereits einen skug Talk gewidmet haben. Es hat aber auch eine ganz unmittelbare Wirkung auf unsere Demokratie. Die Änderungen scheinen über der Bevölkerung ausgeschüttet zu werden, ohne Debatte darüber, wie sinnvoll dies eigentlich ist. Manches mag den praktischen Zwängen technologischer Entwicklung geschuldet sein (z. B.: Innovation muss schnell sein, sonst macht es wer anderer), vieles wird aber auch opportunistisch ausgenutzt. Ein Gefühl der Irritation und Ohnmacht entsteht und befördert die Gefühlslage, die seit Langem schon als Politikverdrossenheit bezeichnet wird. Wer sich davon anstecken lässt, sollte sich ein simples Faktum vor Augen führen: Vermutlich ist genau das gewollt. Aus einem permanenten Gefühl der Überforderung erwächst die Bereitschaft, alles hinzunehmen.
Beteiligung statt Ohnmacht
Die Liberalisierung des Meinungsmarktes schreitet deshalb gerade rasend schnell voran und könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass nur mehr ein kleines Häufchen superreicher Akteure seine Meinung verbreiten kann. Den Rest schluckt der Algorithmus. Wenn man die Politik nicht einem kleinen Kreis der Mächtigen überlassen will, dann heißt es mitmachen und sich beteiligen. Aber wo und wie ist dies sinnvoll möglich? Demokratie lebt bekanntlich vom Mitmachen. Und unabhängige Medien sind dafür notwendig, damit Bürger*innen sich frei und gut informiert ihre Meinung bilden können. Nun wirken aber die klassischen Formate hochschwellig, zuweilen egalitär und abgehoben. Manches ist davon in der Sache begründet und wird sich niemals ganz aus der Welt schaffen lassen. Ein Wissensvorsprung schafft eine gewisse Hierarchie. Alle Medien wollen zwar leicht verständlich, publikumsnah und breitenwirksam sein. Aber manche komplexen Themen sind eben … komplex. Deshalb verlangen sie nach medialer Vermittlung. Sie sollte jeder und jedem ermöglichen, sich eine informierte Meinung zu bilden und sich idealerweise von Vorurteilen zu befreien. Seit dem Siegeszug der Sozialen Medien hat sich dieser Widerspruch zwischen dem fraglos berechtigten Beharren auf einer eigenen Meinung und dem Überzeugt-Werden durch das Wissen anderer verschärft. Die nun technisch mögliche Niederschwelligkeit, die die Gatekeeper der alten Medien hinter sich ließ, führte nicht zu mehr Pluralität. Die Freude darüber, den Erklärbären aus den Leitartikeln eins übergebraten zu haben, währte nur kurz, denn die Vision des barrierefreien Dialogs ist in den Sozialen Medien vielfach umgeschlagen in Polarisierung, Fake News und Hetze. Irgendwann glaubt man niemandem gar nichts mehr und wird knapp am Gängelband des eigenen Frustes geführt.
Dem entgegen: Wie gelangen wir zu demokratischen Medien, die die Diversität der Bevölkerung abbilden und diese auch abholen und niederschwellig in einen möglichst hierarchiearmen Dialog führen? Wie also das aufklärerische und emanzipatorische Potenzial »unserer« Medien entfalten? Dazu talken wir mit Akteur*innen, die sich darum bemühen, Medien anders zu gestalten. Etwa Kolleg*innen vom Bündnis alternativer Medien, dem auch skug angehört und in dem sich »kleinen« Medien mit ihrem jeweils besonderen Community-Aspekt zusammengefunden haben. Sie wissen etwas darüber, wie Sub-Groups vernetzt werden und sich ansprechen lassen. Oder vielleicht einmal die Bürger*innen befragen? Genau das macht der Bürger*innenrat Medien und Demokratie. Er bietet eine Plattform, um »Medienpolitik gemeinsam zu gestalten«. An vier Samstagen im Zeitraum von März bis Mai 2025 beraten Bürger*innen in Wien auf Einladung der Organisation Commit zu den Themen Mediensysteme und Medienregulierung, Partizipation in und durch Medien sowie Repräsentation in den Medien. Parallel dazu finden Bürger*innenräte in Irland, Slowenien und der Tschechischen Republik statt. Die gesamteuropäischen Ergebnisse werden im Juni in den Ländern Vertreter*innen aus Medien und Politik und der breiteren Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert. Dem nicht genug, im Projekt MeDeMAP (Mapping Media for Future Democracies) erforschen Organisationen aus zehn Ländern das Zusammenspiel zwischen Medien und Demokratie in Europa. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwieweit und unter welchen Bedingungen Medien die Bedürfnisse von Bürger*innen erfüllen, damit diese bestmöglich die Demokratie mitgestalten können.
Wir dürfen uns somit am 14. März 2025 im Wiener Rhiz auf einen kundigen und inhaltsreichen Salon skug freuen, in dem wir uns auch noch eine kurze Literaturanalyse gönnen und in das Programm der neuen österreichischen Bundesregierung schauen, um zu sehen, was dort zur Stärkung der Medien zu lesen ist. Wird gespart oder unterstützt? Die eingestandenermaßen großen Herausforderungen werden wir an dem Abend wahrscheinlich nicht lösen, aber zumindest gemeinsam erörtern. Allein darin kann bereits eine gewisse Befreiung liegen. Außerdem ist es eine gewisse – nun ja – Stärkung, dass sich im Salon skug die »Richtigen« treffen, also Menschen, die um Demokratie und Medien besorgt sind und zugleich auch das Potenzial für gemeinsame Aktivitäten sehen! Alle Infos zur Veranstaltung finden sich hier. Also, gerne vorbeischauen und mitdiskutieren!