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Ernstalbrecht Stiebler

»Ernstalbrecht Stiebler«

M=Minimal

Ich gestehe, ich tue mir schwer, über den so geschriebenen Vornamen des Herrn Stiebler keinen Witz zu machen. Zumal wir es noch dazu mit einer »selftitled« CD zu tun haben. Aber weil mein Herz eben doch berührt ist vom traurigen Schicksal des 78-jährigen deutschen Komponisten, der als einer der ersten Minimalisten hierzulande gilt, spare ich mir das. Dieses traurige Schicksal lautet wie folgt: »Als Komponist ist Stiebler leider immer noch sehr unbekannt.« (Erneut muss ich mir bei dieser Aussage aus dem Pressetext einen Witz verbei&szligen, aber immerhin fragen wird man dürfen: Wie kann jemand nicht blo&szlig unbekannt, sondern sogar »sehr« unbekannt sein?) ?berdies: Gar so unbekannt ist Stiebler nicht, er hat immerhin auf dem »hat hut« bzw. »hat ART« Label veröffentlicht. Zurück zu Stieblers Oeuvre. 1963 veröffentlichte er sein erstes reduktionistisches Werk (als alle Welt noch seriell komponierte), 1989 komponierte er sein Schlüsselwerk, 2012 wird ihm erstmals eine Edition bzw. Werkschau gewidmet. Die vorliegende CD ist ein erster Vorgeschmack und präsentiert drei Werke aus den 1980er Jahren, auf denen Stiebler wie ein lupenreiner Zeitgenosse zwischen Ambient, Elektroavantgarde und, eben, Minimal klingt (nur dass keinerlei elektronische Verfremdungselemente zum Einsatz kommen). Wir hören eine durchwegs meditativ wirkende Soundkonzentration, ein Mäandern rund um einen (zumeist stehenden) Ton, ein Kontinuum, das sich beim Hören endlos zerdehnt und subjektive Effekte irgendwo zwischen langsam schwellenden Kopfschmerzen oder einer Alienlandung in Zeitlupe erzeugt. Durchaus reizvoll also, durchaus hörenswert – auch oder gerade weil es an das Spätwerk von John Cage (oder einmal mehr an die Klangflächen von György Ligeti) erinnert. Trotzdem ist die Eigenwilligkeit Stieblers unüberhörbar. Eine späte Entdeckung wäre dem Komponisten durchaus zu wünschen. 

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