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Eminem

»Encore«

Universal

Bisher verband ich mit »Encore« in erster Linie zwei Dinge: das zeremonielle Verhalten, das man bei Galas an den Tag legt (manche nennen es »bis repetitum« oder – wenn Sie es etwas einfacher wollen – ­»bis bald«), und das Seminar XX von Jacques Lacan, das den Titel »encore« trug. Eminem nimmt jedoch schon wieder den Mund voll und liefert uns eine dritte Bedeutung. Und? Michael Moore, Springsteen & REM oder besser Eminem gegen ein bestimmtes Amerika (inklusive Kerry, wenn Sie wollen, o.k.?). Besser? Ja – oder einfach am besten. Bei solchen Alben weiß ich nicht, ob ich wirklich Zeit damit vergeuden soll, Ihnen zu erklären, wie sie sind. Werden wir alle uns nicht über kurz oder lang das eine oder andere zulegen und wieder und wieder abspielen? Eminem-Alben sind im Grunde wie ein Varieté-Programm oder ein Film strukturiert. In jedem Song ist der vorherige enthalten, und wie bei den meisten großen KünstlerInnen, die eine Weile präsent sind, bleiben auch Eminems Geschichten dieselben, nur ist man über jede neue Version aufs neue erfreut. Wenn er nämlich jemanden verarscht, verspottet er nicht eine bestimmte Person (das sind ja nur austauschbare Puppen). Er hält sich an das sogenannte »Talk ain’t bullshit«-Konzept: Es beginnt bei einem selbst, wenn man es schafft, beginnt es tatsächlich jenseits der eigenen kleinen Ichbezogenheit. Erwartet denn wirklich jemand, dass sich die USA auf einmal ganz anders verhalten? Alles, was wir wollen, sind klare Worte und etwas weniger Punkte auf der Garstigen-Imperialismus-Skala. Man sollte es zumindest zur Sprache bringen; sagen, wer man ist, wer die Nachbarn sind, was man macht. Oft ist es am besten, von sich selbst auszugehen und dann alles auf eine Ebene zu projizieren, auf der man gehörig Reaktionen und Fragen provoziert (im Gegensatz zu Kriegen und Feuer). »Encore« ist einfach eine weitere Geschichte des reimenden Eminem, und es hört sich nicht so an, als ob er bald fertig wäre. Bitte mehr, wir haben Zeit und können warten. – »I exercise my right to express when I feel it’s time. It’s just all in your mind, what you interpret it as« (»Ich übe mein Recht aus, die Meinung zu sagen, wenn die Zeit reif ist. Alles eine Frage der Anschauung, wie du es interpretierst« – aus: »Mosh«).

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