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Kreisky

»Dto.«

Wohnzimmer/Hoanzl

Jetzt noch irgendetwas über Kreisky zu schreiben ist nicht leicht. Ist das die neue Konsens-Band, die alle lieben? Das Feuilleton wie der Boulevard wie das Fernsehen? Kann das gut gehen? Klar kann das gut gehen. Nicht nur weil Kreisky immer ein paar Karten mehr im Ärmel haben als jene, die sie gerade ausspielen. Denn so lässig und unüberlegt hierbei immer wieder auf Falco oder Peter Alexander verwiesen wird, so geschickt entzieht sich die Wiener Combo auch immer wieder solchen Zuschreibungen. Auch wenn natürlich wild damit kokettiert wird. Wobei Falco schon ein Punkt ist, über den es sich nachzudenken lohnt, jedoch nur unter dem Aspekt einer Textproduktion, die sich gleichermaßen bei Pop wie bei Literatur bedient (siehe auch Texta, Shy, Attwenger). Wobei Kreiskys Noise/Post-Rock-Partikel (mit jeder Menge wildem Geslide auf der Gitarre) weniger das in Übersee Praktizierte nachstellen, als viel eher genau das herausstellen, was im Zuge solcher Transporte verloren geht bzw. dazu kommt, oder einfach falsch erinnert wird. Schon allein dadurch heben sie sich vom Großteil ähnlich agierender Bands (zumal in Österreich) wohltuendst ab. Am ehesten wird so ein selbst zusammengeschusterter Umgang mit »Fremd«-Material noch von der Beautiful Kantine Band betrieben (wenn auch auf einer gänzlich anderen Baustelle). Oder früher bei Peter Weibels Hotel Morphila Orchester (an das Kreisky nicht nur musikalisch öfters erinnern). Angesichts der Texte und Live-Präsenz von Franz Adrian Wenzl (auch bekannt als Austrofred), sowie dessen Suche nach Wahrheiten in den lächerlichsten Posen (Kreisky sind melodramatisch, aber keine Menschenfeinde) könnte ja auch mal das Experiment versucht werden, das Hotel Morphila mit dem Tokio Hotel zusammen zu denken. Immerhin geht es bei Kreisky auch weniger um Schlager (und wenn, dann als ernste, mitunter lebensbedrohliche Sache) als vielmehr um neu und wieder Entdecktes aus der eigenen verschwendeten Jugend. Und was den Ösi-Faktor betrifft: »Das Wesen Österreichs ist nicht Zentrum, sondern Peripherie. Österreich ist nicht in den Alpen zu finden.« (Joseph Roth: »Die Kapuzinergruft«) Kreisky auch nicht.

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Text
Didi Neidhart

Veröffentlichung
21.06.2007

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