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The Remote Viewers

»Crimeways«

Eigenvertrieb

Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal eine CD von den Remote Viewers in den Händen hielt, habe ich noch geschmunzelt. Dieses ein bisschen plumpe, sehr selbstgebastelt aussehende Layout zum Beispiel, wer da nicht an fröhlichen Dilettantismus denkt. Außerdem: Eigenvertrieb, schon seit Jahren sogar. Und ein fast schon ungestüm zu nennender Output der 1997 in London gegründeten, sechsköpfigen Jazzformation. Als nach der vierten CD das Label absprang, haben sie einfach weitergemacht mit ihrem unbelehrbaren, unbeirrbaren, unlimited Jazz, der sich um drei Saxophone herum gruppiert (David Petts, Caroline Kraabel, Sue Lynch, wobei mit Adrian Northover sogar noch ein vierter Saxophonist dabei ist, der aber auch für die Elektronik sorgt; und weil wir schon dabei sind, es fehlen noch John Edwards am Bass und Rosa Lynch-Northover an den Drums). Die Taktzahl der Veröffentlichungen wurde im Eigenvertrieb sogar noch erhöht. Die aktuelle CD ist Teil zwei einer Trilogie, die – das glaubt man ihnen aufs Wort – 2014 fristgemäß abgeschlossen sein wird. Aber all das führt in die Irre, auch der Hinweis darauf, dass die 2011er CD »Nerve Cure« tatsächlich noch ein wenig spröde an manchen Stellen klang und die Hörerin ein wenig ratlos hinterließ. Auf »Crimeways« herrscht satte Zufriedenheit auf ganzer Linie. Vom ersten Takt an ist klar, dass hier sechs Menschen in ihrer eigenen Liga, nach eigenen, über Jahre hinweg zur atmosphärischen Selbstverständlichkeit verdichteten Regeln spielen. Das ist – in formaler Hinsicht betrachtet – durchaus Jazz, aber es ist zugleich Kammermusik mit atonaler Schräglage, es ist ein Hauch minimal music dabei, es klingen historische Zitate durch, es lässt auch Raum für reine Improvisationsmusik, es zackt bei Bedarf in die Elektroakustik aus und vor allem, das ist das Beste, es klingt fast immer wie aus einem Guss. Oft genug darf man mit gutem Recht über eingerostete Jazzfingerübungen meckern, hier aber gibt es keinen Grund dazu. Hier ist frisch klingender, herrlich aktueller Jazz zu hören.

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Text
Curt Cuisine

Veröffentlichung
24.01.2014

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