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Crazy sounds from Warszawa

Vier CDs, zweimal recht unterschiedliches Material des umtriebigen Warschauer Labels Monotype Records.

FRANCISCO L??PEZ’ Live-CDs scheinen in der letzten Zeit ein bisschen inflationär, und auch beim Artwork von »Live in Auckland« bleibt man im bekannten monochromen Schwarz. Also wieder mal der Hinweis darauf, dass beim Madrider die eigentliche »Action« hinter den Kulissen aka im Kopfkino stattfindet. Das gut 45-minütige Aucklander Konzert von 2004 besticht durch seine psychogeografischen Drones und subtilen Rhythmen, dunkle Kellergänge, pochende Maschinenherzen, endlose Weiten. Unverkennbar López, indes ein Sammlerteil. COSTA MONTEIRO dringt in ähnliche Gefilde vor. Verglichen mit dem praktisch zeitgleich auf Etude veröffentlichten Werk »??picycle« kommt »Anatomy of Inner Place« weniger kohärent und düster daher, sondern es weist den Portugiesen als gefinkelten Soundkünstler aus, der sich der sonischen Vermessung von psychischen Wahrnehmungen verschrieben hat. Das Environment ist so angelegt, dass man sich jede Menge Musik, Geräusche oder einfach nur Stille dazudenken kann: Die in der »Untitled«-Tradition von F. López stehenden Drones verweigern sich dem plausiblen Zugang, vielmehr geht es um Stimmungsbilder zwischen freiem Fließen (lassen), elektromagnetischen Sturmfronten und Sub-Bass-Rauschen mit einem recht harschen Noise-Ende. Psychoakustische Musik mit sozusagen akademischen Avancen, bei der die abrupten Cuts einmal mehr an Hafler Trio und John Duncan erinnern. Ganz andere Töne gibt es dagegen bei BRASIL& THE GALLOWBROTHERS: Die polnische Band um t.e.r., Rafal Michalowski and Tomek Mirt verlegt auf ihrem vierten Album »Hi Brasil is Where We Were« melancholische Gebilde aus dezenter Electronica, Gitarren-Feedback, verwaschenen Jazz-Trompeten-Linien und verhaltenen Vocals, eine Mischung, die beizeiten an Low gemahnt. Bei »Hi Brasil« gehen sich Spielwitz und Selbstironie wunderbar mit gediegener Langsamkeit in sechs bis zu zehn Minuten langen Stücken aus. Zurücklehnen und sich von Brasil verzaubern lassen. Tipp! Und weil wir bei Empfehlungen aus Polen sind: Hinter dem etwas ungelenken Bandnamen VOICE_ELECTRONIC DUO verbergen sich der Experimentalmusiker Marcin Dymiter aka Emiter und die Sängerin Zosia Esden. In fein ziselierten Spannungsbögen geht es dahin, könnte »Ved« als eine Art elektronisierte Version einer Singer/Songwriterplatte durchgehen? Wahrscheinlich. Musik, wie man sie etwa von Morr oder Keplar kennt, nebelverhangene (Duett-)Gesangspassagen wechseln sich mit verqueren Plucker-Beats ab. Wem Björks aktuelle Platten gefallen, sollte sich »Ved« gönnen.

Alle: Monotype Rec./A-Musik
>> www.monotyperecords.com

Home / Musik / Review Collection

Text
Heinrich Deisl

Veröffentlichung
13.04.2008

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