Caspar Brötzmann war Anfang der Neunziger der Ausnahmegitarrist schlechthin. Keine einzige Musik der Welt erreichte derart apokalyptische Qualität. Das Caspar Brötzmann Massaker war zum Fürchten schön. Mit der Zeit bröckelte diese Eleganz allerdings, da zu bemerken war, dass sich der Fundus aus verminderten und übermäßigen Akkorden schnell erschöpft und nur wenig neue Songideen zu bemerken waren. Schließlich nahm auch noch die Dominanz von unsäglich pubertär-expressiven Texten überhand – ach Caspar, hättest du nur geschwiegen und wärst du bei so simplen Songzeilen wie »Black Axis« geblieben. Mit »Mute Massaker« versucht Brötzmann allerdings, neue Wege einzuschlagen. Mit einem neuen Team, dem Bassisten Otmar Seum und dem Schlagzeuger Robert Dämming hat er ein sehr spannendes Album (angeblich innerhalb von drei Tagen) eingespielt. Gleich der erste Song ist mit einem hübschen, relaxt ambientösen Intro ausgestattet, das sich einer gewissen Helligkeit (Dur!) nicht verwehren kann. Langsam gleitet das Ding in das bekannt nicht enden wollende Crescendo über und irgendwann in ein endloses Gitarrensolo. Aber jetzt kommt’s: Das ist ja Blues, sprich Hendrix mit seiner ganzen Lockerheit! Keine apokalyptischen Verspanntheiten sind mehr zu verspüren. Und der Text wird gleich ganz eingespart. Gewiss, auf die typischen Caspar-Drones wird nicht verzichtet, man bleibt sich treu, aber die Strukuren und Harmonien klingen erfrischend neu und sind wahrlich gänsehauterzeugend. Auf »Mute Massaker« werden Qualitäten erreicht, die ich mir von Caspar Brötzmann nicht mehr erwartet hätte. Sehr erfreulich.
Caspar Brötzmann
Mute Massaker
Zomba
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