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Africans With Mainframes

»K. M. T.«

Soul Jazz Records

Der Einstieg in das neue Album von Africans With Mainframes erfolgt direkt und unvermittelt: eine stark verzerrte Bassdrum, ein paar Hi-Hats. Wenn ein paar Takte später die ebenfalls stark gezerrte Bassline einsetzt und die Rhythmusmuster langsam zu tanzen beginnen, wird klar, dass es sich bei »K. M. T.« um eines nicht handelt: um leicht konsumierbare Tanzmusik. Schön in einem klassisch-ästhetischen Sinne ist die Musik, die Jamal Moss hier auf Soul Jazz vorlegt, eher nicht. Die übertrieben wirkenden Verzerrungen und auch viele der Synthesizer-Stimmen wirken digital und eindimensional, die edle Note teuren Equipments geht ihnen weitgehend ab. Die Faszination des Albums geht indes von Mossʼ Fähigkeit aus, Strukturen aus Rhythmen und Frequenzen laufend zu dekonstruieren und wieder neu zusammenzusetzen. Dabei beherrscht er vor allem das Spiel mit der Geschwindigkeit virtuos. Sind diese Kniffe oft sehr subtil eingesetzt und verstecken sich hinter der eigenwilligen Soundästhetik, so treten sie manchmal mit überraschender Wucht offen zutage, wie man sie in den recht glatten Dance-Produktionen von heute nur selten findet: mit einem Mal verdoppelt sich die Schlagzahl von Snare und Bassdrum, wobei letztere plötzlich ohne den Subbass auskommen muss, der auch viele alte Dance-Mania-Platten auszeichnet und diese heute so schwer in ein DJ-Set einfügen lässt. Während die meisten aktuellen Chicago-Revival-Produktionen dieses scheinbare Produktionsmanko ausgemerzt haben, begreift Moss es als ästhetisches Mittel zum Zweck.

Das Album besteht aus bloß acht Stücken. Es stellt sich daher die Frage, wie repräsentativ diese für das Schaffen eines Künstlers sind, dem nachgesagt wird, über ein Archiv von mehreren Tausend Tracks zu verfügen. Interessant wäre auch zu erfahren, nach welchen Kriterien die Stücke ausgewählt wurden und wer diese Entscheidung getroffen hat – Jamal Moss, Soul Jazz oder gar Noleian Reusse, die zweite Hälfte von Africans With Mainframes, dessen Rolle weitgehend im Dunkeln bleibt? Stattdessen erzählt der Begleittext für die Presse eine nette Geschichte, die es bereits andernorts im Internet nachzulesen gibt und die sich wohl dazu eignet, den Mythos um Hieroglyphic Being in einem Pop-Kontext auszubreiten. Man fragt sich, wieviel Informationen Soul Jazz dabei von Jamal Moss selbst erhalten hat oder ob sich der Text mangels Alternative vorwiegend aus oben erwähnter Internetquelle speist, von der sich eine A&R-Abteilung gedacht haben mag, dass Musikjournalismus auf der Suche nach Authentizität ist und sich die Geschichte gut auf die Verkaufszahlen auswirken mag. Das vorliegende Album gibt auf all diese Fragen natürlich keine Antwort und das ist wohl auch ganz gut so.

Am ehesten lässt sich »K. M. T.« vielleicht als Ausschnitt eines konstanten Produktionsflusses von Jamal Moss und seinem Partner begreifen, der entlang bestimmter Parameter kompiliert wurde. Während man gleich zu Beginn so unvermittelt in die Musik eintaucht, als würde man einen Club am Höhepunkt der Party betreten, so werden die Stücke bald wieder ruhiger, oft unmerklich, bis man sich in der Mitte des Albums plötzlich in einer reinen Synthesizer-Komposition wiederfindet. Hat man es einmal bis hierhin geschafft, so erschließt sich einem auch das restliche Album auf eine neue Art und Weise. Obwohl er an dieser Stelle nämlich ohne Drums auskommt, setzt Moss sein Rhythmusspiel mit anderen Mitteln fort. Track 6 setzt der entspannten Ruhe dann auch ein jähes Ende, kramt die verzerrten Drums vom Anfangstrack wieder hervor, die sich aber schon bald in fragmentarischen Rhythmusmelodien verlieren und damit die scheinbaren Gegensätze zwischen Drum-Track und beatlosem Synthesizer-Stück verschwimmen lassen. Auf dieser Welle taucht das Album dann auch ans Ende, ganz zum Schluss wieder rückwärts.

Man merkt jedenfalls, dass Jamal Moss bereits einige Alben veröffentlicht hat, auch wenn viele davon auf seinem CDR-Label Music From Mathematics erschienen sind und damit nur in einem geringen Ausmaß Verbreitung gefunden haben. »K. M. T.« ist ein ungewöhnliches Album mit Ecken und Kanten, dabei aber vielschichtig und dramaturgisch klug zusammengestellt. Ein Stück Musik, das jenseits aller Chicago- oder Acid-Revivals zum Entdecken und Nachdenken einlädt.

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