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Véronique Vincent & Aksak Maboul

»16 Visions Of Ex-Futur«

Crammed Discs/Indigo/PIAS

Schön an der Relevanz vorbei, gleich hinein in die Wunderlichkeit veröffentlichte vor zwei Jahren das belgische Projekt Aksak Maboul in Komplizenschaft mit der Sängerin Véronique Vincent (von den »belgischen Talking Heads« The Honeymoon Killers) sein drittes Album. Mit 30 Jahren Verzögerung – seit 1983 lagen die Bänder, die aus damaliger Perspektive zu harmonisch für die Avantgarde und zu experimentell für das Pop-Business klangen, in den sprichwörtlichen Schachteln, während das Label von Askak-Maboul-Kopf Marc Hollander, Crammed Disc, mehr und mehr zu seiner eigentlichen Profession wurde und die Pop-Welt alle möglichen Grenzgänge zu ertragen lernte. 2014 veröffentlichten die Beteiligten eine dezent aufpolierte Version des »Ex-Futur Album«, die sogleich Freund*innen elektronisch-psychedelischer Obskurität magnetisch anzog. Diesen Herbst erschien nun eine Compilation mit 16 Bearbeitungen der Stücke von Künstler*innen vor allem aus der zweiten Reihe der gegenwärtigen obskuren Sounds zwischen Weird Chanson, Chillwave und Outer-House.

Klingt im Grunde nach einer Materialsammlung für angeberische DJ-Sets, und genau das liefert die Platte auch – als Album funktionieren kann das allein deshalb schon kaum, weil die 16 Stücke auf lediglich zehn Original-Kompositionen basieren, die hier teilweise mehrfach geschreddert, um die Ecke gedacht und neu zusammengefügt werden. Spätestens, wenn im siebten Track schon zum dritten Mal konstatiert wird, das Text-Ich weine jederzeit, ist es ein wenig mühsam. Dabei ist der herrliche Pop-Ohrwurm in jener dritten Version des französischen Elektro-Pop-Acts Flavien Berger auch am wenigsten bekömmlich. Im Opener »Itken Aina (I’m Always Crying)« singt es der Weird-Disco-Wahlberliner Jaakko Eino Kalevi, der genauso engelsgleich verspult ausschaut, wie seine Musik klingt, sehr sämig auf Finnisch. Leider nicht ganz glückt kurz darauf die Version der Leftfield-Spiritual-Groove-Diva Lena Willikens, später wird sich noch Burnt Friedman halbwegs erfolgreich an einem rhythmusgetriebenen Mix von »Je pleure tous le temps« versuchen. Der außerhalb Frankreichs unter dem Radar fliegende Forever Pavot klingt wie die kontinentale Antwort auf MGMT. Nite Jewel, Marc Collin (Nouvelle Vague) und Laetitia Sadier (Stereolab) machen in ihren jeweiligen Beiträgen das, was sie halt tun, in sehr annehmbar. »Veronika Winken« heißt der Track, den das exzentrische ehemalige Chillwave-Dance-Wunderkind Bullion präsentiert, der zwischen 8bit, Osmanischem Reich und Hawaii zur Psych-Disco lädt. Aus der soft angeschäkerten Reihe heraus und hin zum wirklichen Hörabenteuer tanzt schließlich das Finale, »Fuir de Aborigènes« der Dub-informierten Soundkünstlerin Bérangère Maximin.

Mein Höhepunkt ist aber bezeichnenderweise die jubilierend treibende Version des Stückes »Le troisième personnage / Paysage volé« von, nun, Véronique Vincent & Aksak Maboul, die hier gemeinsam mit Musikern der Kasai Allstars aus Kinshasa sich selbst neu entdecken – mit einer Spielfreude, die irgendwie zeigt, dass das Material, auf dem sie 30 Jahren lang gesessen sind, ihnen dann doch selbst am allermeisten bedeutet. Während die meisten Stücke auf dieser Zusammenstellung file under »Sympathische Merkwürdigkeiten« sind, ist das hier wirklich ein für sich genommen starkes Stück Musik.

Home / Rezensionen

Text
Steffen Greiner

Veröffentlichung
02.12.2016

Schlagwörter

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