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Joe Lovano / Marilyn Crispell / Carmen Castaldi / Trio Tapestry

»Garden of Expression«

ECM

Seit 1985 nimmt der Tenorsaxofonist Joe Lovano bereits Alben in basslosen Trioformationen für das Münchener Label ECM auf. Als fixer Sideman in den diversen Bands von Drummer Paul Motian konnte er aber vor allem in dessen Working Trio (mit Bill Frisell an der Gitarre) das Saxofonspiel ohne Tieftöner hinter ihm im Laufe der Jahrzehnte perfektionieren. Paul Motian verstarb 2011 und 2018 erschien mit »Trio Tapestry« das erste ECM-Album unter Joe Lovanos eigenem Namen. »Garden of Expression« ist der reife und würdige zweite Wurf dieses Trios, das dem geknüpften Klangteppich in seinem Namen alle Ehre macht. Die Pianistin Marilyn Crispell und der Schlagzeuger/Perkussionist Carmen Castaldi wissen aus Joe Lovano eine Spielart hervorzuholen, die bisher nur selten von ihm zu hören war. Als Komponist aller Stücke entwickelt Joe Lovano innerhalb der Tunes mit aller nötigen Geduld einzelne, äußerst prägnante Ideen in aller Ausführlichkeit und überlässt teilweise minutenlang dem Klavier und dem Schlagwerk das Ruder, lässt sich mit ihnen treiben und inspirieren. Die Strukturen sind gelockert, schöne und einprägsame Melodien tauchen überall auf und dazwischen gibt es genug Raum für individuelle Entfaltung. Die Klänge der von Lovano bedienten Gongs und Castaldis pointilistischer Beckeneinsatz setzen markante Akzente über Crispells flüssige Klaviertänzeleien, die oft als grundlegender Klangteppich funktionieren. Der natürliche Raumklang des Auditorio Stelio Molo in Lugano tut sein Übriges, um so wenig Gespieltes nach so Vielem klingen zu lassen. Natürlich ist es Musik, die Geduld braucht. Es ist keine Musik, die man gut in der U-Bahn oder beim Joggen hören könnte, und das will sie auch nicht. »Zen Like«, wie der Closer so schön heißt, kann sich die ganze Schönheit des Moments nur dann eröffnen, wenn man dem Moment die ganze Aufmerksamkeit schenkt. Joe Lovano muss schon längst nichts mehr beweisen und ist mit der Produktionsweise von ECM-Chef Manfred Eicher bestens vertraut. Ebenso Marilyn Crispell, die sowohl als Sidewoman wie auch als Leaderin einige Platten für das Label eingespielt hat. Und in Carmen Castaldi wurde ein kongenialer Dritter gefunden, der die Schule des No-Time-Spiels von Paul Motian würdigend weiterdenkt. Dekonstruierter Jazz ist es zwar, aber keineswegs nur für die ausgefuchste Hörer*innenschaft. Es ist eine Einladung, den drei musikalischen Geistern in ihrem Denken und Spüren zu lauschen und mitzuerleben, wie sie miteinander harmonieren und dieselbe Vision von einer leichten, faszinierend-komplexen und transparenten Klangwelt realisieren.

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