Abseits der weiten Verbreitung im popkulturellen Mainstream findet Americana als musikalisches Genre nicht selten ihre Umsetzung im Format der Hausmusik. Menschen spielen zusammen auf vorwiegend akustischen Instrumenten und mit geringem technischem Aufwand vor kleinem Publikum an nicht klassisch konzertanten Orten; auf der Veranda, in Stuben, Galerien und Off-Spaces. Da kann im Prinzip jede*r mitmachen. Aus Anlass der US-Tournee eines befreundeten Musikers durch ebensolche Räume komme ich auf Umwegen zu dieser Veröffentlichung, denn das Debüt von Universal Light erschien im Eigenverlag in Kleinstauflage und war nur auf solchen Konzerten und einen Wimpernschlag lang auf Bandcamp erhältlich. Das Trio besteht aus Kaily Schenker (Solar Hex), Jesse Sheppard (Elkhorn) und Mike Gangloff (Pelt) an Cello, Harmonium, 12-saitiger Gitarre und Fidel, und es spielt eben diese romantisch-elegische, Weite und Verlorenheit evozierende Musik, die typisch für den »Mythos Amerika« und im existenziellen Sinne universal ist: die (ästhetische) Reflexion menschlicher Erfahrung von unberührter wie unbarmherziger Natur (auch der eigenen). Zur Voraussetzung hat sie das Gefühl des Getrennt-Seins und sowohl die Angst wie auch die Sehnsucht kreisen um die Aufhebung dieses Zustands. »Natürlich« (sic!) geht die Erfahrung der Landschaft einher mit der Kartographie der Seele bzw. hat sie – Dialektik! – dort ihren Ursprung. Die Weite, das Unentdeckte, Geheimnisvolle – alles Metaphern, anwendbar auch auf die innere Verfassung des Einzelnen oder ganzer Communities und deren Erfahrung des Außen. Die Musik ist und spiegelt wider die soziale Erfahrung des Anderen. So betrachtet ist Americana kein nostalgisches Genre, sondern der fortgesetzte Ausdruck der Auseinandersetzung der Menschen mit sich und der Umwelt, in der sie leben. Diese Auseinandersetzung manifestiert wiederkehrende Motive (Klischees im sozialen wie im ästhetischen Sinn, und in der Einschätzung können Vorurteile entstehen). Die Musik von Universal Light erinnert an Musik, die man so oder so schon einmal gehört zu haben meint. Diese im Konjunktiv gesetzte Behauptung wirft ein Licht auf die Frage nach dem Verhältnis von Fantasie und Wirklichkeit (in) der ästhetischen Erfahrung, die damit auch die Frage nach sozialen Vorurteilsstrukturen stellt. Sind die in der Musik (in jeder Musik) aufgehobenen Motive erträumt oder tatsächlich erfahren, und was sagt mir diese Frage mit Blick auf mein soziales Verhältnis zu allem um mich herum – mithin: zur Schöpfung, dem Wunder des Lebens? Solche kosmologisch-spirituell anmutenden Fragen rühren an das Wesen der Musik, ihre Bedeutung und Kraft. Die drei Musiker*innen stehen mit all ihren Beinen im auch nicht leichter werdenden Leben in den USA und bedienen sich zum künstlerischen Ausdruck dessen einer musikalischen Form, die sich weder im Eskapismus noch in plakativen aktivistischen Gesten erschöpft. Die Musik changiert zwischen Nostalgie und Utopie, sucht – ohne einfache Antworten zu fordern oder anzubieten – in der Vergangenheit nach Verlorenem und träumt von dem, was für die Zukunft zu gewinnen ist.

Universal Light
»Universal Light«
Self-release
Text
Holger Adam
Veröffentlichung
12.03.2025
Schlagwörter
Elkhorn
Jesse Sheppard
Kaily Schenker
Mike Gangloff
Pelt
Self-Release
Solar Hex
Universal Light

Unterstütze uns mit deiner Spende
skug ist ein unabhängiges Non-Profit-Magazin. Unterstütze unsere journalistische Arbeit mit einer Spende an den Empfänger: Verein zur Förderung von Subkultur, Verwendungszweck: skug Spende, IBAN: AT80 1100 0034 8351 7300, BIC: BKAUATWW, Bank Austria. Vielen Dank!