Placeholder_Rezensionen
Frog Eyes

»Tears of the Valedictorian«

Absolutely Kosher/Cargo

War der Release des Vorgängers »The Folded Palm« eher unglücklich getimed und deshalb im großen Kanada-Jahr im Schatten von Sunset Rubdown, Xiu Xiu oder Destroyer etwas untergegangen, ist jetzt hoffentlich der Zeitpunkt für FE günstiger, um mit »TOTV« mehr Aufmerksamkeit zu erhaschen. Verdient hätte das ungewöhnlich betitelte Album diese in jedem Fall. Der Mann, der Frog Eyes seine Stimme leiht heißt Carey Mercer und hat ganz klar ein dringliches Anliegen bzw. ein fast schon manisches Bedürfnis nach Ausdruck. So Pipifax wie Radiotauglichkeit ist den Froschaugen eher nicht so ein Anliegen, vielmehr sehen Mercer, seine Ehefrau Melanie Campbell (Trommeln), Spencer Krug (Keyboards, auch aktiv bei Wolf Parade und Sunset Rubdown) und Michael Rak am Bass das Erzeugen von geheimnisvoller Intensität, gepaart mit vordergründig wirren Texten als ihre Mission. Neben den schmerzgeplagten und trotzdem hochenergetischen Vocals besorgt Carey Mercer die Texte sowie das expressive Covergemälde, das einen Mann mit Rauschebart zeigt (den Abschiedsredner?), dem ich wenigstens in der Nacht nicht allein begegnen möchte.
»Die schönsten Strophen sind die Katastrophen« rezitierte einst Peter Weibel, und ebendiese scheinen es auch Mercer angetan zu haben: Etwa werden da Boote von Flugzeugen auf Inseln geblasen , Ernteausfälle wegen Verbannung der Blütezeit beklagt, oder Patriarchen werden auf Eisbrocken in die Beringsee geschickt. Kauziges Zeug? Schon irgendwie! Der große Greil Marcus verortet Mercers vokale Teufelsritte in der Tradition der »crank prophets« wie Screaming Jay Hawkins, Arthur Lee oder auch David Thomas, ich möchte dieser zutreffenden Ahnenreihe noch den in seinen letzten Lebensjahren auch nicht gerade gesunden Jeffrey Lee Pierce hinzufügen. Mit Worten ist dem desperaten Frog-Eyes-Sound, diesen akustischen Kamikaze-Kommandos aber eh nur schwer beizukommen, deshalb: reinhören und FE entweder immer wieder haben wollen, oder verständnislos kapitulieren. Dazwischen gibt’s bei dieser unvergleichlichen Band wenig zu holen. Absolut nicht koscher!

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