Fluc und Gabenzaun © Peter Nachtnebel
Fluc und Gabenzaun © Peter Nachtnebel

Subkultur in der Corona-Krise #2

Auch die Venue, in der skug mit Eigenveranstaltungen seine größten Erfolge feierte, befindet sich in einer sehr angespannten Situation. Im zweiten Teil unserer Serie ergingen die Fragen an das Fluc, und zwar an Peter Nachtnebel (Booking, Management) und Martin Wagner (Geschäftsführung).

Aus skug-Sicht ist das Fluc ein wichtiger Player, weil Experimente in Sachen Kunst und Sound ermöglicht werden und dabei auch eine soziale Komponente eine Rolle spielt. So wurden nicht, wie im Gastgewerbe leider oft geschehen, Mitarbeiter*innen gekündigt, sondern sind im Kurzarbeit-Modus. Außerdem gibt es den fluc-Gabenzaun (siehe Bild), auf dem Dinge des täglichen Bedarfs, wie etwa Lebensmittel und Hygieneprodukte, zur freien Entnahme aufgehängt werden können, für jene Mitglieder der Gesellschaft, die sich diese nicht (mehr) leisten können. Die Antworten kommen zunächst von Martin Wagner, dann von Peter Nachtnebel, übrigens auch ehemaliger skug-Mitarbeiter und -Autor.

Edit: Auch das Fluc setzt auf Crowdfunding, um die Krise zu übertauche. Hier könnt ihr beitragen.

skug: Welche Konsequenzen hat die Stilllegung des subkulturellen Konzert-/Clubbetriebs für das Fluc?
Martin Wagner: Die Entscheidung der Regierung, Indoor-Veranstaltungen ab 100 Personen zu verbieten, hat uns ziemlich überrascht. Es war dies ja auch die erste von vielen weiteren Maßnahmen, die das öffentliche Leben einschränkten, und wurde einen Tag vor Inkrafttreten verlautbart. Das Fluc und die Fluc_Wanne von heute auf morgen zusperren zu müssen, war also schon eine Sache, die uns sehr verunsichert und organisatorisch und existenziell sehr gefordert hat.

Inwiefern ist das Fluc in Kontakt mit der MA 7, dem Kulturamt der Stadt Wien? Wird Schadensbegrenzung bzw. -wiedergutmachung angeboten?
MW: Wir sind in Kontakt mit der von der Stadt Wien finanzierten Vienna Club Commission, an deren Entstehen wir ja auch tatkräftig mitgewirkt haben. Dort werden alle für Clubs und Veranstalter*innen relevanten Infos gesammelt und weiterkommuniziert und eine Rechtsberatung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus haben wir noch keinen direkten Kontakt mit der Stadt aufgenommen, werden das aber noch nachholen.

Kurzarbeit für Beschäftigte an der Bar ist wohl nicht möglich, da keine finanzielle Substanz?
MW: Wir haben versucht, für alle Mitarbeiter*innen individuelle Lösungen zu finden. Viele geringfügig Beschäftigten wurden in gegenseitigem Einverständnis abgemeldet, einige haben wir auf ihren Wunsch hin behalten, damit sie weiter versichert bleiben. Für einige Mitarbeiter*innen haben wir Kurzarbeit beantragt. In Summe sind somit noch 44 % unserer Mitarbeiter*innen bei uns gemeldet.

Miete, wie etwa Venues, die in Stadtbahnbögen situiert sind, muss das Fluc auch bezahlen oder ist das beim Fluc ein geringfügiger Pachtbetrag?
MW: Die Pacht ist bei uns das kleinere Problem, die ist nicht so hoch. Die Schließung am 11. März kam allerdings äußerst ungünstig, da wir am 15. des Monats alle Löhne und die Zahlungen an die Gebietskörperschaften leisten mussten, und das Geld verdienen wir für gewöhnlich erst im Nachhinein, also genauer gesagt an den restlichen zwei bis drei folgenden Wochen(enden). Auch sind die Monate April, Mai und Juni traditionell gut besucht, dieser finanzielle Ausfall ist zusätzlich schmerzvoll.

Gibt es soziale Ersatzprojekte seitens des Fluc? Künstler*innen leiden ja extrem unter der Erlahmung des kulturellen Lebens.
MW: Wir arbeiten daran, unsere Ausstellungstätigkeit auch während der Schließung fortzusetzen. Wahrscheinlich eröffnen wir im Mai mit Studierenden der Klasse für transmediale Kunst der Angewandten eine neue Plakatreihe, die dann wie üblich an der Fassade des Fluc zu sehen sein wird. Diesmal halt leider ohne Eröffnungsparty.

Konzert- und DJ-Streams ins Wohnzimmer sind eine gute Möglichkeit, jedoch ersetzt das keineswegs den Sound, den eine gute P. A., wie jene im Fluc, hergibt. Verfolgst du gewisse Streams bzw. was hältst du von dieser alternativen Präsenz, die ja kaum Einkommen verschaffen kann?
Peter Nachtnebel: Abgesehen von United We Stream, das über arte.tv eine größere Reichweite hat, habe ich bis jetzt nur wenige Live-Streams mitverfolgt. Ich schaffe es kaum, länger als zwei bis drei Minuten dranzubleiben. Vor allem bei den DJ-Streams wird es schnell öd. Bei den Konzert-Streams verhält es sich leider wenig anders. Ein Live-Konzert heißt nicht umsonst Live-Konzert. Kein Stream kann die physische Präsenz einer Band ersetzen. Um das unmittelbarer und körperlicher hinzubekommen, müsste man mit einem Riesenaufwand an Technik arbeiten, wie man das von großen Konzertfilmen wie »Sign ›☮‹ the Times« oder »Stop Making Sense« kennt. Das ist klarerweise bei den Mini-Budgets nicht drin. Drückt man das technische Auge zu, bietet es für unbekanntere Acts eine Chance, sich einen Namen zu machen.

Eine Planung für die Zukunft ist schwierig, zu hoffen ist, dass es spätestens im September wieder losgehen kann. Wie läuft die Kommunikation mit Acts/Artists/Managements?
PN: Bis jetzt sind eigentlich alle ziemlich cool und optimistisch, dass es spätestens ab Herbst weitergehen wird. Der Austausch ist rege. Es wird viel telefoniert. Termine werden verschoben, ganze Touren Richtung 2021 verlegt. Natürlich weiß keine*r von uns, ob die Wirtschaftsmaßnahmen der Regierung greifen werden. Für DIY-Locations und kleinere Promoter*innen ist die Sache sicher einfacher als für Großveranstalter*innen. Man war es gewohnt, nahezu ohne Geld zu arbeiten. Das wird sich in Zukunft marginal ändern.

Wie ist also die Buchungslage im Herbst und wie optimistisch bist du?
PN: Das Fluc ist – wie die meisten Kulturbetriebe in Österreich – in den Monaten September bis Dezember gut ausgebucht und wie es aussieht, wird Corona dem keinen Abbruch tun. Die Wochen nach den Sommerferien füllen sich. Viele Album-Präsentationen stehen an, Mini-Festivals, Ausstellungen, Lesungen und einiges mehr. Unsere Sorge gilt mehr der Finanzkraft unserer Gäste. Selbst ein unterschwelliges Projekt wie das Fluc kann nicht komplett auf Eintrittstickets verzichten.

Danke für das Interview und alles Gute!

Link: https://www.fluc.at/

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