© Anton Corp/slash Filmfestival
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Rache ist weiblich

Sam Freeman und Ng Choon Ping inszenieren mit »Femme« (GB, 2023) einen queeren Revenge-Thriller – in der Österreich-Premiere beim slash Filmfestival.

Auf der Bühne ist Dragqueen Aphrodite eine imposante Erscheinung, mit zwei Metern Körpergröße, Haaren bis zum Arsch und Wimpern bis zum Anschlag. Auf offener Straße ist sie aber vor allem eines: ein wandelndes Ziel für Trans- und Homophobie. Ein gewaltsamer Angriff beim Zigarettenholen lässt sie nackt, zerschunden, erniedrigt und ihrer Persönlichkeit beraubt in der Gosse zurück – als Jules (Nathan Stewart-Jarrett), der sich nach dem Vorfall von seiner Umwelt und Freund*innen abkapselt und mit der Playstation auf der Couch verkriecht.

Ausgerechnet im vermeintlichen Safe Space einer Schwulensauna läuft ihm ein paar Monate später sein Angreifer Preston (George MacKay) über den Weg, ein hypermaskuliner Londoner East End OG mit Peckerln auf dem Adamsapfel und Don’t-fuck-with-me-Attitüde. Allerdings auch mit einem Incognito-Liebesleben, von dem seine Mates nichts erfahren dürfen. Die beiden beginnen eine Liaison, bei der Preston scheinbar den Ton angibt. Doch währenddessen reift in Jules der Plan, wie er sein Trauma überwinden und sich an seinem Peiniger rächen kann.

Die Co-Regisseure Sam Freeman und Ng Choon Ping haben mit »Femme« dem Revenge-Thriller einen queeren Anstrich verpasst und dem traditionell toxisch-männlich geprägten Subgenre damit eine spannende neue Perspektive verliehen. Der Film zeichnet sich durch die Charakterstudie seiner Protagonist*innen und deren sich wandelndes und verkehrendes Rollenbild und -selbstverständnis aus. Während Preston dank Jules zunehmend seine sanftere Seite entdeckt, erobert dieser sich Stück für Stück sein verlorengegangenes Selbstwertgefühl zurück.

Eine Szene sei an dieser Stelle hervorgehoben: Prestons Freunde besuchen ihn unangemeldet in seiner Wohnung und bedrängen den verunsicherten Jules. Als er jedoch im Videospiel »Street Fighter« mit seiner weiblichen Spielfigur einen nach dem anderen von ihnen gegen die Wand spielt, gewinnt er nicht nur ihren Respekt, sondern auch an Selbstsicherheit. Die Szene spiegelt den Angriff wider und nimmt Jules’ finalen Triumph vorweg. Zugleich markiert sie den Punkt, an dem Preston sich in ihn zu verlieben beginnt und das Machtverhältnis sich dreht. Bald wird er am eigenen Leib erfahren, wie es ist, gegen eine Frau zu verlieren.

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