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Motorama

»Poverty«

Talitres Records/Hoanzl

Das Debütalbum »Alps« der russischen Band Motorama kam mit ziemlicher Verspätung in unseren Breiten an. Das französische Label Talitres sorgte für eine Wiederveröffentlichung, nachdem der Postpunk-Retrosound aus Rostow am Don in manchen Ländern so gut ankam, dass Motorama schon als eine der russischen Indie-Bands gehandelt wurden. Was hier wohl am meisten begeistert, ist die Liebe zum Sounddetail, die sich nicht zuletzt darin manifestiert, dass sich die beiden Gitarristen Vladislav Parshin und Maxim Polivanov alte Sowjetverstärker besorgten, um den entsprechenden Sound hinzukriegen: Scheppernde, glockenhelle Gitarren, darüber die sonore, trockene Stimme von Parshin, was insgesamt ein wenig so klingt, als wäre Ian Curtis immer noch bei Joy Division, nur dass man nicht wie bisher weiter macht, sondern sanftere Gitarren-Poptöne anschlägt. Witzigerweise nennt Parshin eher The Monochrome Set oder The Velvet Underground als Referenzgrößen. Gut möglich, dass er wirklich nicht weiß, wem seine Band so frappierend ähnlich klingt. Die BBC hat ein sehr wahres Urteil zu diesem Retrosound abgegeben: »It would be preposterous if the result didn’t sound so sublime.« In Punkto Songwriting reißt »Poverty« vermutlich kaum jemand vom Hocker, umgekehrt ist auch nicht jeder Joy Division-Song eine Offenbarung (außer auf »Closer«, klar). Und wie schon gesagt, die Songs sind fast Nebensache, solange sie nicht so lahm sind, dass der herrliche Retrosound dabei nicht völlig abstinkt. Und das ist nicht der Fall. »Poverty« ist hübsch kurzweilig und rinnt die Hörgänge entlang wie ein Whisky aus dem Jahr 1979 (welches Jahr sonst?) die Kehle hinab. Das sollte doch für einige Fans sorgen. Und wenn nicht deswegen, dann weil man sich nach einigen Personalwechseln die bildhübsche Bassistin Airin Marchenko geholt hat. Die Konzerte der Band werden jedenfalls zunehmend gefragter, wenn auch noch nicht in unseren Breiten.

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Text
Curt Cuisine

Veröffentlichung
21.03.2015

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