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Neue Jiddische Musik

Alan Bern ist ein Mann mittleren Alters. Mit Vollbart, grau- gelocktem Haar und blitzenden Augen sitzt er mir in einer Hotellobby im zweiten Wiener Gemeindebezirk gegenüber.

»Das Wort Klezmer bezeichnet ursprünglich den einzelnen Musiker«, sagt er gleich zu Beginn unserer Gesprächs über Klezmer, Musik und Musiktraditionen. Vor rund 20 Jahren kam Alan Bern, der im Bundesstaat Indiana aufwuchs, nach Europa und lebt seitdem in Berlin. Dort wurde er zu einem jiddischen Akkordeon-Musiker, davor war er vor allem im Bereich Jazz aktiv. Inzwischen hält Bern Musik-Workshops in ganz Europa. In der letzten Juliwoche (ab 23.7.05) beginnt er wieder einen Workshop in Weimar: Über griechische und jiddische Musik.

17 Jahre Brave Old World

»Berlin war ein sehr inspirierender Ort für mich«, sagt Bern. >Einen besseren Ort, als einen inspirierenden Ort kann ein Künstler nicht finden. Also bin ich geblieben.« Seitdem ist viel passiert. Alan Berns Gruppe Brave Old World gibt es seit nunmehr 17 Jahren und ist eine der kreativsten und interessantesten Bands des Genres Jiddisch Music. >Das Klezmer-Revival der 1970er Jahre sollte richtigerweise Jiddisch-Musik Revival heißen.« Diese jiddischen Musiktraditionen wurden in den 1980er Jahren auch mit Jazz und anderen Musikstilen gemischt. >Wir nennen das, was meine Band Brave Old World macht, New Jewish Music<, sagt Alan Bern. »In den U.S.A. gibt es heute auch Musiker die Cowboy Songs mit jiddischen Traditionen vermischen.<

Stücke aus dem Ghetto in Lodz

Die neue CD von Brave Old World heißt >Dus gezang fin Geto Lodzh< und bezieht sich auf die Zeit des Ghettos in Lodz. >Die Lieder wurden von Straßenmusikern im Ghetto von Lodz geschrieben. Die Musik war ihre einzige Ausdrucksform, Musik ist also auch als Ausdruck des Widerstandes gegen die Nazis. Diese Musik haben wir als Inspirationsquelle genommen und eigene Stücke entwickelt.< So ist eine kreative Beziehung zu historischen Stücken entstanden. Alan Bern möchte so weit wie möglich verstehen, worum es den Schöpfern der Stücke gegangen ist. »Man geht beinahe so etwas wie eine Beziehung zu den Komponisten der Stücke ein<, sagt Bern. Von der Live-Umsetzung dieser Beziehung kann man sich im Rahmen des Klezmer-Festivals am 6. Juli in der Kirche am Gaußplatz überzeugen. Während des Festivals jamt Bern auch jeden Tag im Tacheles im Karmeliterviertel. Ob er in Berlin bleiben wird? »Ich weiß es wirklich nicht<, sagt Alan Bern und grinst – und wieder blitzen seine Augen.

Brave Old World: >Dus gezang fin Geto Lodzh< (Winter&Winter/Edel)

>> http://www.edel.at
>> http://www.klezmer-wochen-weimar.de
>> http://www.klezmore-vienna.at

Home / Musik / Artikel

Text
Jürgen Plank

Veröffentlichung
05.07.2005

Schlagwörter

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